Vladimir Petkovic wird "Doktor" genannt und hat Nackfotos seiner Spieler auf dem PC. Ärger droht dem Trainer von Lazio Rom aber wegen der dürftigen Vorbereitung seiner Mannschaft. Der sportal.de-Serie A-Kolumnist ahnt, dass auch Petkovic bald die Hosen runter lassen muss.
"Los, Miro, mach dich frei", so oder ähnlich dürfte Petkovic die Kamera im Anschlag kurz nach Dienstantritt bei Lazio seine überraschten Spieler zum Fototermin in Unterwäsche gebeten haben. Klose und seine Teamkollegen werden im ersten Moment wahrscheinlich - wie Sie sicherlich auch - etwas sparsam geguckt haben.
Doch, um jetzt keinen falschen Eindruck zu erwecken und nicht gleich bei der ersten Ausgabe der neuen sportal.de-Serie A-Kolumne "Fuorigioco" eine Klage an den Hals zu bekommen, in aller Deutlichkeit: Petkovic ist natürlich nicht pervers. Die Unterwäschefotos der Spieler dienen einzig und allein dem Zweck, ihr Körpergewicht zu dokumentieren und zu überwachen. Sein Spitznamen "Doktor" ist übrigens auch keiner Vorliebe für körperliche Untersuchungen, sondern eher seiner Liebe für Bücher und Kultur geschuldet.
Petkovic: Acht Sprachen, aber keiner scheint ihn zu verstehen
Seinen Job bei Lazio hat der schweizerisch-kroatische Doppelstaatsbürger Petkovic dagegen eher seiner gründlichen, akribische Arbeitsweise und der Tatsache, dass er mit kolportierten 600.000 Euro Jahresgehalt relativ bezahlbar ist zu verdanken. Außerdem hatte er bei seinen bisherigen Trainerstationen (vor allem in der Schweiz bei Sion, Youngs Boys, Bellinzona) offensiven und attraktiven Fußball spielen lassen - also das genaue Gegenteil seines Vorgängers Edy Reja, dessen oft unattraktive und destruktive Spielweise zwar erfolgreich war, bei Lazios Fans und Bossen aber nicht auf große Gegenliebe stieß.
Mit Petkovic, so hatten Präsident Claudio Lotito und Manager Igli Tare gehofft, sollte nun alles besser werden. Ist es bisher aber nicht - im Gegenteil. Denn obwohl Petkovic acht Sprachen fließend spricht (neben Serbo-Kroatisch und Bosnisch noch, Englisch, Französisch, Spanisch, Deutsch, Russisch und natürlich Italienisch) scheint ihn bei Lazio keiner richtig zu verstehen. Zumindest ist von dem, was er bei Amtsantritt versprochen hatte, bisher nichts zu sehen.
Lazios Testspiele waren Trauerspiele
Von hohem Pressing, offensivem und vor allem aktiven Fußball hatte Petkovic gesprochen. Doch was zeigte die Mannschaft in den Testspielen? Gut gegen unterklassige Gegner wurden Torfestivals gefeiert. Aber gegen Kontrahenten vom gleichen Kaliber? Meist trotteten Lazios Spieler träge über den Platz, der Spielaufbau war viel zu statisch, hohe und lange Bälle und gelegentliche Einzelaktionen blieben die einzig kreativen Ideen seiner Spieler. Die Folge: vier Niederlagen ohne eigenen Torerfolg in Serie, 0:3 gegen Torino und jeweils 0:1 gegen Siena, Galatasaray und Getafe.
Vor allem das Spiel gegen die Spanier war der Gipfel der Trauerspiele. Nichts von dem, was die Spieler zuvor in ihren Ansprachen an die Fans noch versprochen hatten, war umgesetzt worden. Die Quittung kam in Form eines gellenden Pfeifkonzerts von den Rängen. Die Unmutsäußerungen galten in erster Linie den Spielern, aber es mehren sich im Lazio-Umfeld langsam auch kritische Stimmen gegen den Trainer, der es trotz fast acht Wochen im Amt immer noch nicht geschafft hat, der Truppe ein System zu geben. Munter experimentiert er mal mit einem 4-4-2, dann stellt er auf 4-3-3 um. Keins von beidem klappt übrigens auch nur im Ansatz.
Petkovic bei Lazio schon unter Druck
Auch Petkovic spürt den wachsenden Druck. "Wer nicht mitzieht, fliegt", hatte er aufgebracht auf der Pressekonferenz nach dem Getafe-Spiel eine härtere Gangart angekündigt. Wohl wissend, dass in der Serie A schon so mancher Trainer noch vor Ligastart gekippt worden ist. Zumindest diese deutlichen Worten scheint sein Team verstanden zu haben. Im letzten Testspiel kam Lazio zu einem 2:1-Sieg gegen Malmö und betrieb endlich Wiedergutmachung.
Doch wirklich entspannen kann Petkovic trotzdem nicht. Patzt Lazio in der Europa League-Quali gegen den slovenischen Club aus Mura, dann werden auch Lotito und Tare, die bisher noch die Füße still hielten, auf der Matte stehen. Und spätestens dann muss wohl auch Petkovic die Hosen runter lassen.