Der stark in der Kritik stehende Trainer Bert van Marwijk (61) vom Fußball-Bundesligisten Hamburger SV hat auf einer skurrilen "Pressekonferenz" um seinen Job gekämpft und die Einheit bei dem abstiegsgefährdeten Traditionsklub beschworen.
"Was die letzten Tage hier passiert ist, ist neu für mich. Ich habe das Gefühl, der Verein zerstört sich selbst. Das ist unglaublich schade für einen so schönen Verein", sagte der Niederländer vor dem Viertelfinale im DFB-Pokal gegen Bayern München (Mittwoch, 20.30 Uhr im sportal.de-Live-Ticker).
Fragen ließ van Marwijk dabei nicht zu. Er gab lediglich ein Statement ab. Nach nur 2:19 Minuten war van Marwijks Auftritt vor der Presse wieder beendet. "Es ist ganz wichtig, jetzt mit einer Stimme zu sprechen und zusammenzuhalten", sagte van Marwijk, der mit dem Bundesliga-Dino nach sechs Pleiten in Serie auf den vorletzten Tabellenplatz abgestürzt ist: "Das, was in den letzten Tagen passiert ist, ist das Gegenteil davon. Das macht es nicht einfach - auch für mich. Aber ich kann garantieren, dass wir, die Spieler und der Vorstand, zusammenhalten. Das ist der einzige Weg, um da rauszukommen."
Jansen und Lasogga droht Zwangspause
Van Marwijk war nach dem Chaos der letzten Stunden in Hamburg, in denen der Aufsichtsrat an seiner Entlassung sowie der Demission des Vorstandes um den Vorsitzenden Carl Jarchow und Sportdirektor Oliver Kreuzer gearbeitet hat, sichtlich bewegt. "Ich kann garantieren, dass wir bis zum Ende kämpfen, um nicht abzusteigen." Verteidiger Marcell Jansen (Wade) und Angreifer Pierre-Michel Lasogga (Oberschenkel) drohen gegen Bayern auszufallen, dafür kehrt Innenverteidiger Jonathan Tah zurück in den Kader.
Mitglieder des Aufsichtsrates wollen offenbar Klub-Ikone Felix Magath als neuen starken Mann an der Spitze des HSV installieren. Nach dem Pokal-Duell mit den Bayern reisen die Hanseaten am Samstag zum Abstiegs-"Endspiel" beim Tabellenletzten Eintracht Braunschweig.
Jarchow: "Es geht um den HSV"
Klub-Präsident Jarchow hat nach außen gelassen auf die Führungskrise beim HSV reagiert. "Ob es für mich eine gute Situation ist oder nicht, ist nicht wichtig. Es geht um den HSV und darum, dass wir sehr wichtige Spiele vor uns haben. Darauf liegt mein Fokus", sagte Jarchow, der zusammen mit Kreuzer am Sonntag beim HSV-Aufsichtsrat zum Rapport antreten musste.
An den "Gerüchten und Spekulationen" rund um eine mögliche Rückkehr Magaths wolle er sich nicht beteiligen: "Dieser Vorstand ist berufen und ist im Amt. Wir, also Vorstand und Trainer, arbeiten täglich daran, dass es vorwärts geht. Das werden wir auch weiterhin tun. Für den Aufsichtsrat kann ich nicht sprechen."
Van Marwijk greift zu drastischen Maßnahmen
Im Kampf gegen den Abstieg hatte Bert van Marwijk zu drastischen Maßnahmen gegriffen. Wie "Bild" berichtet, müssen sich die HSV-Profis an den letzten drei Abenden vor einem Spiel fortan nach 21 Uhr zuhause aufhalten. Selbst Kino- oder Restaurantbesuche sind damit tabu. Weiterhin hält van Marwijk an der Streichung des freien Tags nach dem Auslaufen fest. Abgesehen vom Spieltag ist nun an täglich Training, mittwochs in der Regel sogar zweimal.
Ebenfalls gestrichen wurde das Spielen vom Fußballtennis im Kabinentrakt. Der frühere Bondscoach monierte angeblich, seine Spieler würden bei diesem Kick mehr Elan zeigen als auf dem Platz. Außerdem soll das außerhalb der Stadt gelegene "The Rilano" im ruhigen Finkenwerder dauerhaft zum Teamquartier der Hanseaten werden. Sogar personell wird durchgegriffen. Der Hamburger SV hat mit Dr. Michael Joneleit einen neuen Mannschafts-Arzt, der Dr. Philip Catala-Lehnen ablöst.