Bei Red Bull macht sich Frust breit. Auch am dritten Tag steht der neue Bolide fast komplett in der Garage, während die Konkurrenz von Mercedes und Ferrari fleißig Kilometer sammelt.
Red-Bull-Besitzer Dietrich Mateschitz dürfte beim gemeinsamen Essen mit Niki Lauda ein bisschen der Appetit vergangen sein. Der Milliardär musste im spanischen Jerez miterleben, wie sein erfolgsverwöhnter Rennstall am dritten Tag in Folge ein Desaster erlebte.
Neuzugang Daniel Ricciardo, der den RB10 vom bereits frustriert abgereisten Weltmeister Sebastian Vettel übernommen hatte, drehte ganze drei Runden. Der Australier blieb trotzdem optimistisch: "Ich bin nicht nervös, ich bin nicht beunruhigt. Es ist ein weiter Weg nach Australien zum ersten Rennen, wir haben genug Zeit."
''Team ist frustriert''
Die Rauchzeichen, die bereits auf seiner ersten Runde aus dem Inneren des Red-Bull-Boliden kamen, kündigten allerdings unübersehbar an, dass der Dominator der letzten vier Jahre mehr als nur ein paar Kinderkrankheiten auszumerzen hat.
"Wir sind nicht da, wo wir sein wollten, und natürlich ist das Team deswegen frustriert", sagte Renningenieur-Koordinator Andy Damerum, der aber betonte, dass Team sei "ziemlich gut" darin, von solchen Rückschlägen zurückzukommen. Teamchef Christian Horner und Chefdesigner Adrian Newey machten sich bereits am Donnerstagnachmittag auf den Heimweg, um Antworten auf die Fragen nach dem Warum zu finden.
War es am ersten Tag noch eine falsch herum montierte Feder an der Hinterachse, die Vettel stoppte, sorgte am Mittwoch ein Problem mit dem Energierückgewinnungssystem ERS bei allen mit Renault-Motoren bestückten Teams für unfreiwillige Pausen.
Niki Lauda mit Hoffnungen für Mercedes
"Wir haben leider nur einen Teil des Problems lösen können. Deshalb ist es besser, nicht zu fahren und tiefer nach einer Lösung zu suchen", so Damerum. Vor allem im Zusammenspiel der verschiedenen Komponenten scheint der Wurm zu sitzen. "Das Problem liegt im Zuständigkeitsbereich von Red Bull", sagt Motorsportberater Helmut Marko der Fachzeitschrift auto, motor und sport am Donnerstag.
Meilenweit von solchen Problemen entfernt darf sich Mercedes-Aufsichtsrat Niki Lauda durchaus Hoffnungen machen, die Roten Bullen in dieser Saison endlich bei den Hörnern packen zu können.
So sehr die Weltmeister schwächeln, so stark trumpfen die Silberpfeile auf. Nach den 97 Runden von Nico Rosberg am Mittwoch spulte auch Ex-Weltmeister Lewis Hamilton Runde um Runde wie ein Uhrwerk ab. 62 waren es am Ende, trotz einer zweistündigen Pause für einen Getriebewechsel. "Sehr eindrucksvoll" nannte der 29-Jährige die bisherige Vorstellung seines Teams, wobei er sich sicher war, "dass Red Bull seine Probleme gelöst bekommt" und dann wieder ein echter Konkurrent sein dürfte.
Dass im McLaren mit Jenson Button und später Newcomer Kevin Magnusson sowie dem Williams mit Felipe Massa weitere Fahrzeug mit Mercedes-Motor ganz vorne landeten, unterstrich nur die ersten Eindrücke, dass Mercedes zum Saisonauftakt die Nase vorn hat. Magnussen setzte sogar die Tagesbestzeit in 1:23,276 Minuten vor Massa (1:23,700) und Hamilton (1:23,952). Zusammen kamen Button und Magnussen auf 92 Runden, ebenfalls der Topwert am Donnerstag.
Ferrari: Unspektakulär aber effektiv
Unspektakulär, aber effektiv präsentiert sich auch Ferrari in Jerez. Für die Scuderia stieg erstmals Vizeweltmeister Fernando Alonso ins Cockpit und drehte 58 Runden. "Wir haben ein großes Potenzial, Fortschritte zu machen. Das ist sehr ermutigend", sagte der Spanier.
Auch Adrian Sutil im Sauber und Nico Hülkenberg im Force India feierten ihre Premieren, die allerdings nicht ganz stolperfrei verliefen. Hülkenberg blieb auf der Strecke stehen (Probleme mit der Benzinversorgung), Sutil krachte in einen Reifenstapel. Beim Beschleunigen brach der Wagen unvermittelt aus. "Es hat sich angefühlt wie mein erster Tag in einem Formel-1-Auto", beschrieb Sutil den "massiven Unterschied" zur Vorsaison.