
Genie und Wahnsinn liegen dicht beieinander - auf keinen trifft das Sprichwort besser zu als auf Zlatan Ibrahimovic. Der Schwede polarisiert: "unsympathischer Prolet" sagen die einen, andere "schlichtweg genial". sportal.de ergründet vor dem Spiel gegen Deutschland seinen Charakter.
Nein, sympathisch kommt Zlatan Ibrahimovic nun ganz und gar nicht rüber. Die von den Färöer Inseln kolportierte Geschichte, er habe nach dem Qualifikationsspiel der Schweden einen Gegenspieler erst auf dem Feld mit dem Ellbogen traktiert, dann mehrfach herablassend angepflaumt, um ihn dann im Kabinengang in den Schwitzkasten zu nehmen, ist Wasser auf die Mühlen der Kritiker, die in Ibrahimovic lediglich einen arroganten Vollproleten ohne Manieren sehen, dessen fußballerische Künste noch dazu völlig überschätzt werden.
Gut, der erste Vorwurf lässt sich schwer zerstreuen, zumal Zlatan Ibrahimovic ihn durch immer neue Eskapaden auf und neben dem Platz regelmäßig erhärtet. Ob er wie vor knapp zehn Jahren als Polizist verkleidet, im Malmöer Rotlichtviertel versucht, Freier zu verhaften, oder in Live-Interviews über das Parfüm des Fragestellers lästert oder italienische Fieldreporterinnen wüst beschimpft oder auch Mitspielern, Gegenspielern und Trainern einen mit gibt. In seiner Biografie "Jeg Är Zlatan" berichtet Ibrahimovic, wie er Intimfeind Pep Guardiola fehlende "Eier" vorwarf und beim Präsidenten seinen Kopf forderte. Begründung: "Den Philosophen brauchen wir nicht. Der Zwerg und ich reichen völlig aus." Mit "Zwerg" meinte er übrigens Lionel Messi.
Ibrahimovic war früher schon ein Krawallbruder
Solche ständigen verbalen, aber auch körperlichen Auseinandersetzungen sind zu einem großen Teil sicher auf seine schwierige Kindheit im Malmöer Problemviertel Rosengård zurückzuführen, wo Zlatan Ibrahimovic als Sohn eines bosnischen Hausmeisters und einer kroatischen Putzfrau aufwuchs. Nach der Scheidung der Eltern lebte er beim Vater, der Probleme in einem Umfeld, in dem Respektlosigkeit offenbar an der Tagesordnung war, auch eher auf die rustikale Art regelte - "Hemd offen, Ärmel hochgekrempelt", berichtete Zlatan Ibrahimovic in dem Buch darüber, wie sein Vater einen Fahrraddiebstahl aufklären wollte.
Tugenden, die sich der Sohn abgeschaut hatte. Schon zu Schulzeiten galt er als "Krawallbruder", wie seine früherer Rektorin sich 2004 gegenüber der FAZ erinnerte. Auch in den Jugendmannschaften brachte ihm sein Temperament einige Probleme ein. Wer es aus solch einem harten Umfeld heraus schaffen will, muss sich behaupten und durchsetzen können. Am besten behaupten konnte Ibrahimovic sich schon immer auf dem Fußballplatz, der ihn wohl vor einem Abdriften auf die schiefe Bahn bewahrt hatte. Hier fand er ein Ventil für seinen Zorn auf die Anfeindungen, die Schwierigkeiten, die er tagtäglich zu erdulden hatte.