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Menotti umwehen dabei mehr als die für einen Kettenraucher charakteristischen Tabakwolken, er verfügt über eine besondere Aura, aber auch eine etwas widersprüchliche Persönlichkeit. Der Arztsohn entstammt der argentinischen Oberschicht, genoss einen Ruf als Playboy, der zu seiner aktiven Zeit gerne im offenen Sportwagen durch Buenos Aires fuhr, heiratete später die Tochter eines schwerreichen Bankiers, sieht sich aber trotzdem als politischen Linksaußen, als Kommunisten.
Der Anhänger von Che Guevara ging sogar mehrfach auf Konfrontationskurs mit der rechten Militärjunta in Argentinien und provozierte mit regimekritischen Äußerungen. Als sich General Jorge Rafael Videla nach Schlusspfiff des WM-Finales medienwirksam Menotti vor laufenden TV-Kameras zum Titel gratulieren wollte, verweigerte dieser den Handschlag und erklärte hinterher auf der Pressekonferenz doppeldeutig: "Meine talentierten, klugen Spieler haben die Diktatur der Taktik und den Terror der Systeme besiegt."
Wie eng war die Beziehung zur Junta wirklich?
Vor allem in Europa ließ ihn diese Aktion prompt zum aktiv aufbegehrenden Regimekritiker werden. Der Ruf des Revoluzzers und Weltverbesserers ist ihm bis heute geblieben. In Argentinien - und das verdeutlicht die Widersprüchlichkeit der Person Menotti noch mehr - sieht man sein Verhältnis zur Junta dagegen deutlich differenzierter. Es war mit Sicherheit nicht sonderlich eng, er aber wohl letztlich auch nicht so oppositionell wie oft kolportiert.
Kritiker werfen Menotti vor, dass er sich insgesamt zu sehr mit dem System arrangierte, seine herausgehobene Position nicht energisch genug für Kritik nutzte, im Gegenteil Videla nach dem Gewinn der U20-WM mit den Worten "Unser Volk kann stolz sein, einen Präsidenten wie Sie zu haben" sogar geschmeichelt zu haben. Außerdem habe er beim WM-Sieg von der Macht der Junta profitiert. Die Gerüchte, dass das für den Finaleinzug entscheidende 6:0 in der Zwischenrunde gegen Peru gekauft gewesen sei, halten sich nach wie vor hartnäckig.