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Tatsächlich scheint es den englischen Topteams in erstaunlicher Weise an taktischer Reife zu fehlen, wenn es auf den Kontinent zu den besten Clubs der Welt geht. Arsenal war jahrelang das Musterbeispiel für diese Schwächen - ein Team, das, seit Arsène Wenger das Sagen hatte, in England immer wieder mit tollem Fußball begeisterte, in Europa aber meistens die Segel streichen musste, sobald es gegen die erste richtig gute Mannschaft aus Italien oder Spanien ging.
Bundesliga: Desolate Bilanz gegen Premier League seit 2001
Nicht umsonst schaffte es Chelsea mit sehr konservativem, auf defensive Kompaktheit aufbauenden Fußball, die Champions League zu gewinnen, und nicht mit klassischen Tugenden der Premier League. In den direkten Vergleichen zwischen Bundesliga und Premier League in den letzten zehn Jahren waren die Verhältnisse dennoch klar: 19 mal trafen deutsche Clubs zwischen 2002/03 und 2011/12 auf englische Teams, und nur zweimal hatten die Bundesligisten über ein oder zwei Spiele die bessere Bilanz. Beide Male war es Bayern München, das sich duchsetzen konnte - 2005 gegen Arsenal und 2010 gegen Manchester United.
Umso beachtlicher erscheint der "Sieg" Schalkes über Arsenal, wenn man die beiden Spiele zusammenzählt. Und auch Dortmund war beim 1:1 in Manchester im Oktober klar die bessere Mannschaft. Da der BVB diese Leistung zweimal gegen Real Madrid bestätigen konnte und Schalke gegen Arsenal in beiden Spielen Vorteile hatte, ist es keine zufällige Momentaufnahme mehr, beide als echte Spitzenmannschaften anzusehen.
Uli Hoeneß versuchte in der Vorsaison, seinem Frust über die Dortmunder Dominanz dadurch Luft zu machen, dass er forderte, der BVB solle erst einmal in Europa etwas erreichen, bevor er sie als Spitzenmannschaft anerkenne. Jetzt müsste der Bayern-Präsident die Perspektive möglichst wieder umkehren und sagen, dass ein Team, das neun Punkte Rückstand in der Liga hat, nicht ernst genommen werden könne. Das hat er so natürlich nicht getan, aber die Medien sind weiter schnell bei der Hand mit negativen Urteilen nach nur einem verlorenen Spiel.
Schalke keine Spitzenmannschaft?
Das war nirgendwo besser zu sehen als in der Süddeutschen Zeitung, in der am Tag vor Schalkes zweitem Spiel gegen Arsenal zu lesen war: "Die Spiele gegen Montpellier, Düsseldorf und nun Hoffenheim zeigen, dass die Schalker die Reife einer Spitzenmannschaft noch nicht besitzen". Nach dieser Messlatte (wer ein Spiel verliert, ist keine Spitzenmannschaft) gibt es in ganz Europa keine solche, außer vielleicht Barcelona. Denn auch Bayern verlor ja in Minsk und gegen Leverkusen.
Tatsächlich muss man sowohl Schalke als auch vor allem Dortmund als europäische Spitzenmannschaften ansehen. Was nicht heißt, dass sie nun beide ins Halbfinale einziehen (noch sind beide nicht einmal sicher im Achtelfinale), aber gerade der BVB kann den Wettbewerb gewinnen. Warum denn nicht? Und auch Schalke hat einen sehr guten Kader und eine Spielweise gefunden, die auf europäischer Ebene funktioniert. Bayern wiederum ist eher noch stärker als in der vergangenen Finalsaison.