Zum vierten Mal ist Timo Boll bei den Olympischen Spielen im Einzelwettbewerb vorzeitig gescheitert und verpasste eine Medaille. Nie scheiterte er dabei an einem Chinesen, gegen den Rumänen Adrian Crisan sogar zum dritten Mal gegen einen Europäer, die Boll sonst eigentlich nach Belieben dominiert.
Aber auch nach dem bitteren Olympia-Aus stellte sich Boll den Fragen nach den Gründen für die Niederlage. "Verkrampfte Phasen habe ich öfters in einem Match, aber nicht, dass sich die Verkrampfung durch ein ganzes Spiel zieht", analysierte Boll die sensationelle 1:4-Pleite gegen den Rumänen Adrian Crisan im Achtelfinale.
"Das ist eben typisch für Olympia", fügte er hinzu. Der Olympia-Fluch zieht sich wie ein roter Faden durch seine Laufbahn. Die Hilfe eines Sportpsychologen hat der Mann, der so häufig die richtige Balance zwischen Nervosität und Druck findet, bisher nicht in Anspruch genommen.
Trotz einer optimalen Vorbereitung ohne große Verletzungen oder Erkrankungen verpasste der gebürtige Hesse zum vierten Mal nach 2000, 2004 und 2008 die ersehnte Einzel-Plakette. Ob er 2016 in Rio die Medaillen-Lücke schließen kann, ist fraglich. "Alles ist möglich, aber in vier Jahren bin ich 35, da werden meine Chancen immer geringer", sagte Boll.
Aber Boll sollte seine Hoffnung nicht aufgeben, schließlich haben schon andere Größen des Tischtennis-Sports im hohen Sportler-Alter noch starke Leistungen bei Olympia gezeigt. Aber Boll hält eigentlich nichts vom "Rentner-Sport". "Die Familienplanung ist in den nächsten Jahren ein Thema. Die Uhr läuft", hatte Boll vor Olympia erklärt.
In London waren die Voraussetzungen eigentlich so günstig wie nie. Erstmals durften nur zwei statt drei Chinesen mitspielen, und auch die Auslosung spielte Boll in die Karten. Crisan war früher ein Angstgegner, zuletzt hatte Boll bei der EM 2005 in Dänemark ein wichtiges Spiel gegen den Rumänen verloren. Beim Olympia-Test-Turnier in Rotenburg/Fulda konnte der Top-Star den Bremer Bundesligaspieler vor zehn Tagen mit 4:1 besiegen.
"Ich hatte Probleme mit meinem eigenen Aufschlag. Dann ist mir das ganze Spiel weggebrochen", haderte Boll. "Timos Aufschläge hatten nicht den gewohnten Effet", analysierte Bundestrainer Jörg Roßkopf. "Wir sind natürlich alle enttäuscht und sehr traurig um seinetwillen", erklärte Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig.
Nun soll es aber mit der Mannschaft erneut mit einer Olympia-Medaille klappen, auch wenn dort bereits im Halbfinale das Duell mit den übermächtigen Chinesen droht. "Ich werde mich zusammenreißen", versprach der Ausnahmesportler.