
Platzverweis! Was heißt das für die Note bei sportal.de? Wenn man das doch nur so einfach beantworten könnte! Denn Rot ist nicht gleich Rot, und viele Faktoren fließen in solchen Fällen in die Bewertung ein. Wir illustrieren das anhand von fünf Beispielen.
Wie wirken sich Rote Karten auf die Spielernoten aus? Die einfachste Antwort: Das kommt drauf an. Klingt vage, ist aber nicht anders zu machen. Denn mehrere Faktoren fließen in die Benotung eines Spielers ein, der einen Platzverweis erhält. Zum ersten ist es entscheidend, ob die Karte zurecht ausgesprochen wurde oder nicht. Oft wird gefordert, die Tatsachenentscheidungen des Schiedsrichters sollten auch für die Noten gelten.
Aber warum das? Sieht etwa aufgrund einer Verwechslung der falsche Spieler Rot, was zugegebenermaßen nicht sehr oft vorkommt, so geben wir ihm natürlich nicht deshalb eine schlechtere Note. Auch kann eine viel zu harte Rote Karte für ein harmloses Vergehen natürlich nicht genauso bewertet werden wie eine brutale Grätsche, die die Gesundheit des Gegenspielers gefährdet oder gar wirklich zu einer schweren Verletzung führt.
Dazu kann auch der Einfluss des Platzverweises auf den Spielausgang eine Rolle spielen: Eine Mannschaft führt auswärts 1:0 und steht gut, dann sieht der Abwehrchef wegen einer Tätlichkeit Rot und anschließend kippt das Spiel, seine Mannschaft verliert noch 1:4 - sehr negativ. Eine Ampelkarte beim Stand von 0:5 in der Nachspielzeit ist demgegenüber zwar ärgerlich, aber nicht spielentscheidend - so wie auch das Goldene Tor bei einem 1:0-Auswärtssieg in der Regel mehr wiegt als der Ehrentreffer zum 1:8 oder das siebte Tor gegen einen Gegner, der sich schon aufgegeben hat.
Sehen wir uns nun wie immer fünf Noten des Wochenendes an, die zum Thema passen:
Karim Matmour (Eintracht Frankfurt): 5
Als einzige Spitze in der Frankfurter Startelf konnte Karim Matmour sich nicht unbedingt torgefährlich in Szene setzen, erfüllte aber teilweise seine Aufgabe im Angriffsspiel. Mit anderen Worten: ein eher unterdurchschnittliches, aber nicht katastrophales Spiel von ihm. Doch sein Einsteigen gegen Roman Neustädter in der Schlussphase auf Schalke brachte ihm die Ampelkarte von Günter Perl ein - völlig zu Recht, sein halbhoher Tritt mit Stollen voraus hätte durch einen strengeren Schiedsrichter auch Glattrot nach sich ziehen können.
Da waren nur noch wenige Minuten zu spielen, so richtig entscheidend war die Szene also nicht für den Spielausgang. Aber einen leichten Abzug gibt die verdiente Ampelkarte dann eben doch.
Lukas Schmitz (Werder Bremen): 4,5
Anders als die Gelb-Rote Karte gegen Matmour war die gegen Lukas Schmitz keineswegs zwingend. Denn der Bremer Linksverteidiger spielte bei seinem Tackling gegen Vieirinha zuerst den Ball, den er wegspitzelte, bevor er dann mit dem Wolfsburger kollidierte. Tendenz eigentlich nicht Gelb, vor allem nicht, wenn es die Ampelkarte zur Folge hat. Allerdings kam Schmitz überhaupt nur in die Situation, weil er vorher einen bösen Fehlpass in die Beine Vieirinhas gespielt hatte und dann mit hohem Risiko nachsetzen musste.
Dennoch, wie gesagt: Kein brutales Foul, keine unglaubliche Dummheit - aber eine Szene, die Schmitz nicht ideal löste - und die Karte hatte Folgen: Zwei Minuten nach seiner Herausstellung bereitete Diego über diese Seite den Ausgleich vor. Angesichts der umstrittenen Karte machen wir Schmitz nicht zum Alleinverantwortlichen für die entgangenen zwei Punkte Bremens. Aber einen kleinen Abzug gibt seine Aktion aus den beschriebenen Gründen dennoch, und zusammen mit dem zuvor mäßigen bis leicht unterdurchschnittlichen Eindruck ergibt das eine 4,5.
Markus Feulner (FC Nürnberg): 5,5
Das fränkische Derby, das muss man vorwegschicken, war ein ziemlich mieses Spiel, das kein Bundesliganiveau erreichte. So gesehen hätte Feulner, eine Woche zuvor noch Torschütze gegen den FC Bayern, ohnehin eine eher unterdurchschnittliche Note erwarten dürfen, wenn er denn durchgespielt hätte, ohne besonders zu glänzen. Seine auffälligste Szene war aber weder Pass noch Tor, sondern ein hartes Einsteigen im Mittelfeld gegen Stephan Fürstner. Vorausgegangen war ein Ball, der Feulner selbst versprungen war. Um seinen Fehler auszubügeln machte er alles nur noch schlimmer, indem er mit offener Sohle in den Zweikampf sprang - in einer Spielsituation, in der er so weder einen Konter unterbinden konnte noch Hoffnung haben durfte, seiner Mannschaft den Ballbesitz zu sichern.
Es war, mit anderen Worten, ein brutales Foul, das aus einer Fehlentscheidung in der Situation entstand, und das (noch vor der Pause) durchaus die Niederlage für den Club in diesem Sechs-Punkte-Spiel hätte bedeuten können, Nimmt man dann noch ein vorausgegangenes Foul Feulners an Gerald Asamoah hinzu, ergibt das für diese 35 Minuten keine 5 mehr, sondern eine 5,5.
Sercan Sararer (SpVgg Fürth): 5
Dass Fürth nicht eine knappe Stunde in Überzahl spielte, sondern nur gut 25 Minuten, lag an der Ampelkarte gegen Sercan Sararer. Hier wird die Benotung komplizierter. Zunächst: Auch Sararer spielte schlecht, von der reinen Leistung her bewerten wir ihn nicht besser als Feulner. Seine Gelb-Rote Karte war jedoch eher eine harte Entscheidung, Horacio Javier Pinola machte das Maximum aus dem Kontakt, als Sararer ihn mit ausgestrecktem Arm wegsperrte. Keine Verletzungsgefahr wie bei Feulner also, keine übermäßige Brutalität - aber dennoch kein ganz einwandfreies Verhalten.
Kombiniert mit der Unnötigkeit seiner ersten Gelben Karte (ungestümes Anlaufen von Raphael Schäfer ohne Chance, an den Ball zu kommen) und seinem sehr unfairen Bespucken des Nürnberger Keepers kann es dennoch nicht besser sein als Fünf.
Bastian Schweinsteiger (Bayern München): 2,5
Kommen wir abschließend zu einem Spieler, der weder Rot gesehen noch schlecht gespielt hat. "Was macht er dann hier?", werden Sie fragen. "Soll hier etwa wieder der Name des großen FC Bayern grundlos in den Schmutz gezogen werden?". Nichts liegt uns ferner als das, wie der Notenschnitt für die Bayern im Spiel gegen Hannover bezeugen mag.
Bastian Schweinsteiger spielte beim souveränen 5:0 gegen Hannover gut, wenn auch nicht so auffällig gut wie Javi Martínez oder Toni Kroos. Definitiv jedoch auch von ihm ein überdurchschnittliches Spiel. Unschön nur eine völlig überflüssige Szene nach dem 3:0, als er mit dem Arm in ein Kopfballduell mit Manuel Schmiedebach ging, und dabei sichtbar seinen Gegenspieler in Kopfhöhe mit dem Unterarm wegstieß. Bei aller Diskussion um den Einsatz von Armen in der Luft: Das war keine natürliche Arm- oder Ausholbewegung, das war ein absichtliches Foul.
Rot? Nein, die Gelbe Karte von Schiedsrichter Felix Zwayer war schon die richtige Sanktion. Überflüssig war die Aktion, zumal bei diesem Spielstand, dennoch. Das ist nun kein Grund für eine automatische Abwertung in der Benotung, aber falls ein Spieler zwischen zwei Halbnoten steht, könnte so ein Verhalten den Ausschlag geben, ihn auf die negativere von beiden zu schieben. Das war im Fall Schweinsteiger allerdings nicht so, seine Leistung erscheint uns generell mit 2,5 am besten beurteilt.