
Vor zwei Wochen hatte sportal.de die besten elf Spieler der vergangenen Serie A-Saison gekürt, heute kümmern wir uns um den Nachwuchs in Italien, gucken in die Kristallkugel und stellen fünf vielversprechende Talente vor, die in den nächsten Jahren den italienischen und internationalen Fußball aufmischen könnten.
Vor zwei Wochen hatte sportal.de die besten elf Spieler der vergangenen Serie A-Saison gekürt, heute kümmern wir uns um den Nachwuchs in Italien, gucken in die Kristallkugel und stellen fünf vielversprechende Talente vor, die in den nächsten Jahren den italienischen und internationalen Fußball aufmischen könnten.
Stephan El Shaarawy
Das Playoff-Halbfinalrückspiel gegen Varese war noch keine 15 Minuten alt, da lag Padova bereits 0:2 zurück. Die Chance, trotz des 1:0-Hinspielsieges das Relegationsfinale zum Aufstieg in die Serie A zu erreichen, war auf einmal klein. Anspannung und Nervosität stiegen. Doch ausgerechnet der Jüngste blieb cool: Stephan El Shaarawy. Der Mittelfeldspieler dribbelte einen Gegner aus und markierte mit strammem Rechtsschuss aus 25 Metern den 1:2-Anschlusstreffer und wahrte mit dem Tor zum 3:3-Endstand die Aufstiegsträume Paduas.
Eine enorme Leistung für einen gerade einmal 18-Jährigen. Doch der Auftritt des "kleinen Pharaos" - so der Spitzname des Sohnes eines Ägypters und einer Italienerin - überrascht nicht. Sie ist lediglich der vorläufige Höhepunkt eines bisher steil nach oben zeigenden aber mit Bedacht geplanten Karriereverlaufs, der ihn durch diverse Jugendmannschaften auf Club- und Landesauswahlebene mit gerade einmal 16 Jahren, einem Monat und 24 Tagen zum jüngsten Serie A-Spieler Genoas aller Zeiten werden ließ. Mit Genoas Primavera holte er den Scudetto und um langsam in den Profibereich reinzuwachsen, ließ er sich am Anfang der letzten Saison in die Serie B zu Padova ausleihen.
Dort bekam der sowohl als Spielmacher, als auch auf Außen bzw. zweite Spitze verwendbare Offensivallrounder jede Menge Spielpraxis und schwang sich dank seines schnellen Antritts und seines großartigen taktischen Verständnisses und trotz wachstumsbedingter körperlicher Probleme mit sieben Toren in 25 Spielen zum konstanten Leistungsträger und möglicherweise Aufstiegshelden auf. Natürlich klopfen reihenweise Clubs an, doch werden sie sich gedulden müssen. "Eines Tages geht er zu einem großen Club, doch nächstes Jahr muss er sich erst einmal in der Serie A beweisen - mit Genoa", stellte sein Berater laut calciomercato.com klar.
Wir werden ihn beobachten! Genau wie einen weiteren jungen Protagonisten, der sich in der Serie B für höhere Aufgaben empfehlen konnte.
Angelo Ogbonna
Der Innenverteidiger, der auch auf der linken Außenbahn einsetzbar ist, ist zwar bereits 23 Jahre alt, aber eine der großen Entdeckungen der abgelaufenen Zweitligasaison. Seine Leistungen stachen aus dem insgesamt enttäuschenden Kader von Torino hervor und beeindruckten sogar Nationalcoach Cesare Prandelli, der den Italiener nigerianischer Abstammung zur Belohnung in seinen Kader für das letzte Länderspiel der Saison gegen Irland berief.
Ogbonna ist ein wahres Stehaufmännchen - beruflich wie privat. Viele hatten ihn schon abgeschrieben, denn lange Zeit hatte er nicht sonderlich in Erscheinung treten können, war über eine Rolle als Einwechselspieler nicht hinausgekommen. Doch in dieser Saison wuchs er förmlich über sich hinaus. Rückschläge versteht er wegzustecken wie kaum ein Zweiter, wie sein schwerer Verkehrsunfall kurz vor Weihnachten 2008 bewies, als er im dichten Nebel die Kontrolle über sein Auto verlor und von einer Brücke in einen Fluss stürzte. Er überlebte zum Glück nur leicht verletzt und stand bereits zwölf Tage später wieder auf dem Trainingsplatz.
Ehrgeiz, Einsatzfreude, Geschwindigkeit und Spielverständnis zeichnen ihn aus. Arbeiten muss er noch an seiner Ballverliebtheit. Zu oft verzettelt er sich beim Spielaufbau aus der Viererkette. Die daraus resultierenden Ballverluste versucht er dann oft durch unnötige Grätschen, die Verwarnungen oder Platzverweise nach sich ziehen, auszubügeln. Diese Flausen würden ihm die Coaches von Lazio, Fiorentina oder Napoli gerne austreiben. Bei ihnen steht Ogbonna ganz oben auf dem Wunschzettel. Wo er hin geht, wird sich zeigen, sicher ist nur: bei Torino wird er nach dem verpassten Aufstieg und seiner persönlich besten Saison sicher nicht bleiben.
Mit Wechseln kennt sich unser dritter Kandidat bestens aus. Vielleicht ist er deshalb auch noch nicht vollends zur Entfaltung gekommen.
Pajtim Kasami
Der 19-jährige in Mazedonien geborene Schweizer hat in seiner jungen Karriere bereits einige Clubs durchschritten. In der Jugend spielte er für Winterthur und die Grasshoppers, ließ sich kurzzeitig zum FC Liverpool ausleihen, ehe er 2009 zu Lazio wechselte. Doch dort kam Kasami nicht zum Einsatz, angeblich, weil der Präsident die Ausbildungsvergütung an den Stammverein sparen wollte. Zudem hielt Lazio einige Vertragsinhalte nicht ein, so dass die FIFA das Arbeitsverhältnis auflöste.
Kasami wechselte im Dezember 2009 nach Bellinzona in die Schweiz, wo er als defensiver Mittelfeldspieler mit vier Toren in 13 Spielen Palermo auf sich aufmerksam machte. Die Süditaliener verpflichteten ihn im letzten Sommer für fünf Jahre. In seiner Debütsaison kam der Schweizer wettbewerbsübergreifend aber nur auf 23 Einsätze, konnte sich in der turbulenten Saison, in der sein Förderer Delio Rossi erst gefeurt, dann zurückgeholt wurde, noch nicht so in Szene setzen.
"Ich habe viele Hochs und Tiefs erlebt. Aber ich glaube, dass mir viele Erfahrungen in Zukunft hilfreich sein werden", resümierte Kasami laut tagesanzeiger.ch. Aber vielleicht braucht der Junge auch endlich mal ein bisschen Ruhe und Beständigkeit in seiner Karriere. Wenn man alle halbe Jahre den Club wechselt, kann man sich trotz großen Talents nicht entwickeln. "Wir müssen überlegen, ob es besser ist ihm durch einen Wechsel Spielpraxis zu geben oder ihn zu behalten", erklärte Vizepräsident Guglielmo Micciche daher siciliainformazioni.com. "Dass er noch wachsen wird, da bin ich mir sicher." Genügend Potenzial schlummert auf jeden Fall im äußerst robusten Modellathlet und U17-Weltmeister.
Marco Verratti
Einen deutlich ruhigeren Karrieraufbau hatte bisher der erst 17-Jährige Marco Verratti. Schon 2008 kurz nach seinem Serie C1-Debüt klopften die Scouts von Milan, Manchester United und West Ham an die Bürotür von Pescaras Manager. Seine gefährlichen Standards, die aggressive Spielweise, die technischen Fähigkeiten im Dribbling, seine Vorlagen und die schon in jungen Jahren bemerkenswerte Abgeklärtheit hatten für Aufsehen gesorgt.
Verratti entschied sich jedoch, weiter in Pescara zu reifen und entwickelte sich in seiner ersten Serie B-Saison dort "zu einem der stabilsten und konstantesten Spieler seiner Altersklasse", wie U21-Coach Ciro Ferrara gegenüber solanapoli.com erklärte.
Bei allen Lobeshymnen, an seinem Torriecher muss Verratti noch arbeiten. Zug zum gegnerischen Gehäuse ist zwar vorhanden, doch, damit sich Vergleiche mit Lionel Messi und Wesley Sneijder nicht nur wegen seiner 1,65 cm Körpergröße aufdrängen, muss im Abschluss mehr als ein Saisontor herauskommen. Doch der Junge hat ja auch noch Zeit zu wachsen, ob noch ein weiteres Jahr bei Pescara oder bei einem Club der Serie A, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.
"Wenn er zu einem großen Club wechselt, um dort auf der Bank zu sitzen, sollte er lieber in Pescara bleiben", zitieren italienische Medien seinen Berater Ci Campli. "Anders wäre es allerdings, wenn ein Club besondere Vorstellungen mit ihm als Hauptdarsteller haben sollte."
Manolo Gabbiadini
Giampaolo Pazzini, Riccardo Montolivo... danach war es etwas still geworden um die einst als beste Talentschmiede Italiens bezeichnete Jugendabteilung Atalanta Bergamos. Jetzt steht mit Manolo Gabbiadini wieder ein großes Talent in den Startlöchern für den großen Sprung. Erstmals auf sich aufmerksam gemacht hatte der Stürmer mit Atalanta beim Torneo di Viareggio 2010.
Seit Sommer teilen sich Atalanta und Serie B-Konkurrenten Cittadella die Transferrechte. Bei Cittadella half Gabbiadini mit, den Abstieg zu verhindern. In den 27 Einsätzen seiner ersten Profisaison kam er dort auf fünf Tore und vier Assists. Seine enorme Schnelligkeit spielte er z.B. gegen seinen Stammverein Atalanta aus, als er einen Konter mit einem Tor abschloss.
Sturmpartner Federico Piovaccari (23 Tore/5Vorlagen) lobte ihn laut seriebnews.com in den höchsten Tönen. "Manolo zeichnet sich durch etwas aus, das nur wenige Fußballer haben: er ist körperlich stark, aber gleichzeitig auch mental. Dadurch kann er immer Leistung abrufen, wenn man ihn braucht." Besonders erfolgreich tat der 19-Jährige dies in der U21, wo er in sechs Spielen bereits vier Tore erzielte. Sehr gut möglich, dass Bergamo ihn nach geschafftem Aufstieg zur neuen Saison in den Serie A-Kader zurückbeordern wird.
Malte Asmus