
Der DTB sucht einen neuen Davis Cup-Kapitän. Im Interview spricht Präsident Karl-Georg Altenburg über Kandidaten und erklärt, dass Philipp Kohlschreiber kein Königsmörder ist. Auch moniert er Störfeuer im Verband und das Überschreiten des guten Geschmacks.
Herr Altenburg, am Dienstag sind Sie ein Jahr im Amt. Wie fällt Ihr Fazit aus?
Altenburg: Wir sind vor einem Jahr angetreten mit einer klaren Vision, das deutsche Tennis wieder zu beleben. Dazu gehören zwei große Komponenten: Die eine ist, in unseren Nachwuchs zu investieren. Das läuft bei den Damen sehr gut. Bei den Herren stehen wir vor einem Neuanfang. Die zweite, fürs Tennis mehr Anhänger aus allen gesellschaftlichen Schichten zu finden.
À propos Neuanfang. Der begann bei den Herren mit dem Rücktritt von Davis-Cup-Teamchef Patrik Kühnen. Er hat dem DTB unter anderem im Streit mit Philipp Kohlschreiber mangelnde Rückendeckung vorgeworfen.
Altenburg: Wir haben Patrik Kühnen bei seinen Entscheidungen maximal den Rücken gestärkt. Wir sind ohne unsere beiden besten Spieler (Philipp Kohlschreiber, Tommy Haas) in das Abstiegsspiel gegen Australien gegangen. Unter diesen Voraussetzungen mussten wir damit rechnen, zu verlieren und abzusteigen. Das hätte den weiteren Weg zusätzlich erschwert.
Sie meinen mit der Rückenstärkung die Zusage, dass Patrik Kühnen auch nach einem Abstieg weiter Teamchef hätte bleiben können?
Altenburg: Ja, wir haben ihm die stärkste Rückendeckung gegeben, die man einem Trainer geben kann. Ich hätte erwartet, dass man nach diesem Erfolg aus einer Position der Stärke herausgeht und versucht, die Hand auszustrecken und das Team wieder zu einen. Denn letztlich ist eines klar: Die wichtigste Aufgabe eines Davis-Cup-Kapitäns ist, das beste Team hinter sich zu bringen und zu motivieren. Das kann nicht ich machen, das ist seine Aufgabe. Das haben wir auch oft besprochen. Und als sich abzeichnete, dass das offensichtlich nicht möglich ist, musste man dann eben sagen: Jetzt ist es für alle Beteiligten das Beste, einen Neuanfang zu machen.
Warum konnte dieser Zwist zwischen Kühnen und Philipp Kohlschreiber nicht gelöst werden?
Altenburg: Ich weiß es nicht, vielleicht waren die Gräben zu tief. Aber es macht für ihn, es macht für keinen Trainer der Welt einen Sinn, wenn er das Team nicht hinter sich hat.
Aber diese Anzeichen gab es ja bereits nach dem Davis-Cup-Spiel gegen Argentinien in Bamberg im Februar und spätestens nach der Kühnen-Ausbootung für den World Team Cup im Mai.
Altenburg: Ja, da müssen wir auch selbstkritisch sein und uns fragen: Hätte man nicht schon viel früher einschreiten müssen? Hätte man nicht schon nach Bamberg sagen müssen: 'Es geht nicht mehr'? Im Nachhinein hätte man vielleicht den Neuanfang früher machen müssen. Aber nach zehn Jahren mit Patrik Kühnen schmeißt du das nicht einfach hin, wenn es Querelen gibt. Patrik hat große Verdienste.