
Noch Schülerin, süße 16, aber schon dabei die Tenniswelt aufzumischen - Donna Vekic ist die jüngste WTA-Finalistin seit sechs Jahren, hätte beim Hopman Cup fast für Deutschland gespielt und gibt bei den Australian Open ihr Grand Slam-Debüt. Sie sollte man sich merken.
Der Eintrag in die Tennis-Geschichtsbücher war schon zum Greifen nah. Um ein Haar wäre die Kroatin Donna Vekic zu Jahresbeginn die erste Spielerin beim traditionsreichen Hopman Cup gewesen, die für ein anderes als ihr eigentliches Heimatland angetreten wäre. Nach der Verletzung von Andrea Petkovic hatten die Organisatoren mangels Alternative zunächst kurzerhand die eigentlich nur als Trainingspartnerin eingeladene kroatische Nachwuchsspielerin als Ersatz auserkoren.
Doch der Traum, als Mixed-Partnerin von Tommy Haas auf der großen Tennisbühne zu brillieren, zerbarst genauso schnell wie einst der Paul Breitners vom Bundestrainerposten - noch bevor er begonnen hatte, als die Organisatoren dann doch Tatjana Malek einfliegen ließen. Vekics Trauer darüber wird sich allerdings in überschaubaren Grenzen gehalten haben. Natürlich will die 16-Jährige Tennis-Geschichte schreiben, aber doch bitte nicht aufgrund eines komischen Zufalls, sondern dank eigener Leistungen. Sie will die Nummer eins der Weltrangliste werden. Nicht mehr und nicht weniger.
Dieses Unternehmen "habe ich schon vor beinahe zwei Jahren begonnen", erklärte sie selbstbewusst auf einer Pressekonferenz in ihrer Heimatstadt Osijek, nachdem sie zuvor in Tashkent als Qualifikantin sensationell ins Finale vorgestoßen war - als jüngste Finalistin seit sechs Jahren auf der WTA Tour. Aus aller Welt überschütteten sie Experten mit Lobenshymnen. "Wir reden hier aber über einen Prozess, der einige Zeit dauern wird. Die Nummer eins wird man nicht mal so eben. Das braucht viel Training, Vollzeit-Training und was noch viel wichtiger ist, man muss 24 Stunden am Tag dafür leben", fügte sie an.
Vekic - nur ein weiteres gepushtes Tenniskind?
Vekic wirkt bemerkenswert reflektiert und realistisch, obwohl sie in vielerlei Hinsicht eigentlich noch ein typischer Teenager ist. Ein Leben ohne ihr Handy ist für sie nicht vorstellbar, sie liebt die TV-Serie Gossip Girl, Musik von Jessie J, Herumhängen mit Freunden und sie wäre gerne Schauspielerin oder Mode-Designerin - eigentlich alles wie bei einer normalen 16-Jährigen. Doch dann verblüfft sie wieder mit Sätzen wie diesen: "Ich denke nicht wie eine 16-Jährige. Im Tenniszirkus muss man schnell erwachsen werden und ich glaube, ich habe das schnell geschafft. Ich liebe Tennis und will spielen. Ich muss körperlich und mental stärker werden und mich darauf fokussieren, mein Spiel zu entwickeln."
Oder spricht sie einfach nur nach, was ihr ihre Eltern und ihr Trainer eintrichtern? Ist sie vielleicht nur ein weiteres dieser Tenniskinder, das von ihren Eltern von Kindesbeinen an auf Erfolgskurs getrimmt worden ist, so wie einst Jennifer Capriati, die in den 90ern daran zwischenzeitlich fast zerbrochen war? Von außen ist das natürlich nicht seriös zu beurteilen. Beachten sollte man in diesem Zusammenhang auch, dass Donna den Leistungsgedanken bereits seit frühester Kindheit verinnerlicht hat. In ihrer Familie dreht sich alles um Sport. Oma Lidika, eine Kunstturnerin und Sportlehrerin, soll einst das Fußball-Talent von Davor Suker entdeckt haben, Opa Branko war ein ausgezeichneter Bogenschütze und späterer Fußball-Jugendleiter bei NK Osijek, Mutter Brankica Hürdenläuferin, Vater Igor Fußball-Torwart.
Henmans Ex-Coach steuert Vekics Karriere
Die Eltern unterstützen sie, seit sie mit Sechs zum ersten Mal zum Schläger griff, später mit Zehn die U12 Meisterschaften in Kroatien gewann. Die Mutter wohnt bei ihr nahe dem Trainingszentrum in London, versorgt ab und an Journalisten auf Donnas Presseterminen mit selbstgebackenem Kuchen, der Vater begleitet sie auf Turnierreisen. Das Kommando führt allerdings seit mittlerweile vier Jahren David Felgate, der als Coach einst Tim Henman in die Weltspitze führte und dort etablierte. Felgate beorderte Vekic nach London, lenkt ihre Karriereschritte und gestaltet seitdem auch ihren Turnierkalender. Mit Umsicht, aber manchmal auch harter Hand. Zwei eng hintereinander liegende Turniere auf zwei verschiedenen Kontinenten sind keine Seltenheit. Vekic soll sich schließlich auf das harte Tour-Leben vorbereiten. DIe Familie vertraut seinen Methoden. Denn, so erklärte Donna laut baz.ch, Felgate wisse genau, was sie sich in ihrem Alter zumuten könne und was nicht.
Felgate dürfte auch maßgeblich hinter dem Entschluss gesteckt haben, dass Vekic nach dem verlorenen Wimbledon-Viertelfinale im Juniorinnen-Turnier ihre Nachwuchskarriere an den Nagel hängte - eigentlich gegen den aktuellen Trend. Die Zahl der Teenager im Profizirkus ist in den letzten Jahren schließlich deutlich zurückgegangen. Weil die etablierten Spielerinnen heutzutage deutlich fitter und stärker sind als noch vor zehn Jahren, bleiben viele Nachwuchsspielerinnen mittlerweile deutlich länger auf Juniorinnenlevel, um nicht zu schnell frustiert zu werden. Nicht so Vekic. "Ich habe gespürt, dass mein Tennis besser zum Erwachsenen-Level passt, und mich sofort wohlgefühlt", verkaufte sie den Abschied von der Junior-Ebene als ihren eigenen Entschluss.
Eine Mischung aus Sharapova und Wozniacki
Von wem auch immer die Entscheidung letztlich kam, mit der Finalteilnahme von Tashkent als Highlight und dank guter Vorstellungen bei einigen ITF-Turnieren dem Sprung auf aktuell Weltranglistenposition 109 in einem guten halben Jahr unterstrich Vekic die Richtigkeit dieser Entscheidung jedenfalls eindrucksvoll. Ihr Spiel beschreibt sie selbst als eine Mischung aus Sharapova und Wozniacki. Donna glänzt mit ihrer starken Vorhand, dem guten Service und einer Rückhand, die sich auch nicht verstecken muss. Beachtlich ist zudem ihre beachtliche mentale Stärke, die sie auf und neben dem Platz beweist.
Schließlich muss sie neben der Profikarriere auch noch ihre Schule beenden. "Ich lerne meistens, wenn ich auf der Tour unterwegs bin. Ich lass mir die Hausaufgaben zuschicken und wenn ich dann zurückkomme, schreibe ich die Arbeiten und Prüfungen", erklärte sie wtatour.com. Ihre nächste sportliche Prüfung wird auf Vekic nun bei den Australian Open zukommen. In Melbourne feiert sie auf ihrem Lieblingsbelag Hardcourt ihr Grand Slam-Debüt bei den Profis, gegen ihre Auftaktgegnerin Andrea Hlavackova aus Tschechien. Die Kroatin hätte ein deutlich härteres Los ziehen können als die derzeitige Nummer 65 der Welt. Sollte sie diese Hürde überstehen, wartet mit Caroline Wozniacki oder Sabine Lisicki in der zweiten Runde dann allerdings ein deutlich härteres Los.
Aber es erwartet ja auch niemand von Vekic den Australian Open-Sieg, weder sie, noch ihr Umfeld. Erwartet und erhofft wird lediglich der nächsten Schritt in dem Prozess, der sie langsam weiter in Richtung Weltspitze bringen soll. "Das passiert alles nicht über Nacht. In meinem Spiel wird es noch einige Ups und Downs geben", stellte sie im kroatischen Radio klar. Doch das langfristige Ziel ist klar, Nummer eins werden und mit Leistung Geschichte schreiben. Laut Chris Evert durchaus vorstellbar. "Ein außergewöhnliches Talent - merkt euch diesen Namen", twitterte die US-Tennislegende.