
Roberto Di Matteo stand minutenlang wie versteinert am Spielfeldrand, seine Spieler schlichen mit hängenden Köpfen vom Platz - begleitet von gellenden Pfiffen und wüsten Beschimpfungen ihrer Fans. Schalke 04 steuert einem sportlichen Desaster entgegen, dem Champions-League-Stammgast der letzten Jahre drohen Europacup-Abende auf der Couch.
"Das war eines der schlechtesten Spiele der letzten Jahre", gab Weltmeister Julian Draxler nach dem verdienten 0:2 (0:1) beim dadurch endgültig geretteten 1. FC Köln zu: "Ich weiß nicht, was wir uns dabei gedacht haben. So kannst du in der Bundesliga kein Spiel gewinnen."
Der knappe Köln-Sieg im RE-LIVE
Nach dem Verpassen der Champions League wird selbst das Minimalziel Europa League für die Königsblauen zur Zitterpartie. In den vergangenen 15 Jahren haben die Gelsenkirchener nur einmal die Qualifikation für den internationalen Wettbewerb verpasst (2009). "Es ist meine Verantwortung", sagte Di Matteo zerknirscht: "Eigentlich wollten wir etwas ganz anderes zeigen. Wenn ich das den Spielern nicht vermitteln kann, muss ich das auf meine Kappe nehmen."
Auf den Erzrivalen Borussia Dortmund auf dem gefürchteten siebten Platz haben die Schalker zwei Spieltage vor dem Saisonende nur noch zwei Punkte Vorsprung. Zudem belegen zahlreiche Zahlen die rasant abfallende Formkurve des achtmaligen Champions-League-Teilnehmers: Die Schalker haben nur zwei der letzten zwölf Spiele gewonnen, sind 2015 noch ohne Auswärtssieg in der Bundesliga und blieben dabei in acht Spielen fünfmal ohne Tor.
Im Saisonfinale trifft die in Köln erschreckend schwache Mannschaft von Trainer Di Matteo auf die Abstiegskandidaten SC Paderborn und Hamburger SV. Aufsteiger Köln, für den Marcel Risse (34.) und Yannick Gerhardt (89.) trafen, beseitigte durch das fünfte Spiel in Folge ohne Niederlage die letzten Zweifel am Klassenerhalt. "Wir sind im Prinzip mit dem Zweitligakader ohne große Veränderungen konsequent und solide durch die Liga gegangen", stellte FC-Sportchef Jörg Schmadtke bei Sky zufrieden fest.
Viel Veränderung bei Schalke
Kölns Trainer Peter Stöger hatte Stürmer Anthony Ujah trotz des Wirbels nach den unglücklichen Umständen seiner Wechsel-Ankündigung auch im 23. Pflichtspiel in Folge in die Startelf berufen. Das Gros der FC-Fans hatte sein Urteil über den Nigerianer aber gefällt, der sich unter der Woche mit Offiziellen von Werder Bremen und unter einem Banner mit der Aufschrift "100 Prozent Werder" hatte fotografieren lassen. "100 Prozent Werder, 0 Prozent FC: Mach, dass Du wegkommst", stand auf einem Plakat, bei der Verlesung der Mannschaftsaufstellung wie bei Ujahs Auswechslung nach 57 Minuten glücklosen Minuten gab es ein gellendes Pfeifkonzert.
Bei Schalke begannen durch Ausfälle wie den von Klaas-Jan Huntelaar (Gelbsperre) und taktische Änderungen nur vier Feldspieler auf derselben Position wie beim 3:2 gegen den VfB Stuttgart, darunter kein offensiver. Kevin-Prince Boateng durfte 57 Minuten ran, enttäuschte aber wie der seit 1143 Minuten auf ein Tor wartende Eric Maxim Choupo-Moting erneut maßlos. Jungstar Max Meyer saß wieder 63 Minuten auf der Bank.
Die 46.500 Zuschauer - Köln musste zum dritten und letzten Mal die Sperrung von zwei Fanblöcken hinnehmen - sahen ein mäßiges Spiel. Beide Teams waren durchaus offensiv ausgerichtet, kamen aber kaum in die gefährliche Zone. Der beste Angriff der ersten Halbzeit wurde gleich belohnt: Schalkes Torhüter Ralf Fährmann parierte noch gegen Kazuki Nagasawa, gegen den Nachschuss des gebürtigen Kölners Risse war er aber machtlos. Nach der Pause spielte Schalke ähnlich uninspiriert weiter.