
Kennen Sie Narzissus? Der war laut der griechischen Überlieferung so in sein Spiegelbild verliebt, dass er davor verhungerte. Dieses Los droht uns nicht (danke, Pizzaservice), aber wenn unsere Redaktion etwas exzessiv betreibt, dann Selbstbespiegelung. In diesem Geist die Bilanz unserer Prognosen vor der Bundesligasaison. Schön.
Erinnern Sie noch die MTV-Serie Jackass? Die hatte eigentlich keinen tieferen Appeal als den Wunsch, jungen und jung gebliebenen Menschen dabei zuzusehen, wie sie freiwillig ihre körperliche Unversehrtheit aufs Spiel setzen. Anarchisch daran war vor allem die Sinnlosigkeit der Prämisse. Die Stuntmen, Clowns und ihre Freunde taten es nicht für einen guten Zweck, sondern einfach, weil sie es konnten.
Eine Art Takeshi's Castle auf Amerikanisch, in der die Protagonisten nicht vom System, sondern von sich selbst gedemütigt werden. "Das ist also diese Freiheit, von der die Amerikaner immer reden", mögen Sie trocken einwenden, aber die damit verbundenen psychonalytischen Implikationen können hier nicht erörtert werden. Zumal einige unserer ungeduldigeren Leser inzwischen entweder a) schon bei sport1.de weiterlesen oder b) dabei sind, ihren Unmut in einem Kommentar unten auf dieser Seite zu kanalisieren - nicht, ohne die Qualität unserer Notengebung und die Berufswahl unserer Mütter zu thematisieren.
Menschen mit ausgeglichenerem Gemüt oder einem vererbten Grundeinkommen, das es ihnen erlaubt, in aller Ruhe solche Einleitungen zu lesen, anstatt einer Lohnarbeit nachzugehen, mögen noch dabei geblieben sein, sich aber spätestens jetzt fragen, was all das mit dem Thema zu tun hat, das sie in diesem Artikel zu Recht vermuten.
In unserer Redaktion herrscht zwar nicht so viel Mut vor wie bei den Kollegen von Jackass (manche Kollegen tragen Fahrradhelme), aber wenn man uns fragt, ob wir als Bundesligavorschau über jeden Club schreiben wollen: "Ein Mittelfeldplatz scheint machbar" oder lieber: "Am Ende der Saison wird der FC genau 14.", so wird der Trotz geweckt und die Dicke Hose aufgetragen. Wir können ja wohl genau vorhersagen, wie die Tabelle am Ende aussehen wird! Wäre ja gelacht.
Während die Jackass-Crew am Ende der Sendung ihre Kollegen auf dem Weg ins Krankenhaus begleitet, und andere Helfershelfer damit beschäftigt sind, das Blut von der Straße zu wischen, gilt es für uns am Ende der Saison, die reale Tabelle mit unserer Prognose abzugleichen. Und wie Max und Marie nach Konsultation des Checkportals auf einmal Spendierhosen anhaben, ist unsere Dicke Hose nach dem Blick auf die Prognosen in der Wäsche eingelaufen. Ohne diese Metapher hier weiter verfolgen zu wollen: Hier ist der Saisonendcheck. Bringen wir es hinter uns.
FC Augsburg
Prognose: Platz 18. Realität: Platz 14.
Nur vier Plätze vorbei! Das ist die euphemistische Lesart unserer Prognose für den FCA. Die ehrlichere: Augsburg landete am Ende 15 Punkte vor dem 18. Platz. Mit einer großartigen Rückrunde, in der die Schwaben faktisch auf Europa League-Niveau spielten, wurde der von uns für völlig utopisch erachtete Klassenerhalt schon vor Saisonende sicher gestellt. Der Aufsteiger habe nur Zweitligaspieler geholt, urteilten wir im Sommer und winkten ab wie ein Teletubby vor dem Schlafengehen.
Nun aber geht der Club ins Extrem. Der Coach, der all das möglich gemacht hat, geht, dafür kommt - nein, kein Zweitligatrainer, sondern ein Drittligatrainer. Wenn man den Gerüchten glauben darf. Also auf ein neues mit der Schwarzmalerei im Sommer!
FC Kaiserslautern
Prognose: Platz 17. Realität: Platz 18.
Die offensivschwächste Mannschaft, die der deutsche Profifußball seit vielen Jahren gesehen hat, feuerte im Frühjahr Coach Marco Kurz. Anschließend war auch die Defensive (Mitte März noch die viertbeste der Liga) schlecht. Krassimir Balakov holte im Schnitt nicht einmal halb so viele Punkte pro Spiel wie Kurz - aber auch mit diesem wäre der FCK wohl abgestiegen. Der Kader war einfach nicht gut genug für die Bundesliga. Und das wenigstens hatten wir ja vor der Saison auch so gesehen.