Serge Gnabry ist erst 18 Jahre. Und bis vor wenigen Monaten kannten ihn in seiner deutschen Heimat nur Experten. Jetzt aber hat der Stuttgarter seinen Vertrag bei Arsenal verlängert und verdient künftig 20.000 Pfund. In der Woche.
Mesut Özil schien verwirrt. Der junge Mann, der sich da auf dem Instagram-Bild an ihn ranhängt, scheint irgendwas mit Arsenal zu tun zu haben, schließlich trägt er einen roten Trainingsanzug. Aber muss Mesut ihn kennen?
Natürlich sieht das Foto nur so aus, als sei der junge Anhänger Özil unbekannt. Tatsächlich ist Serge Gnabry zwar erst im Juli 18 geworden, aber bei den Gunners ist der Schwabe schon seit mehr als zwei Jahren unter Vertrag. In der laufenden Saison, passend zur Verpflichtung von Özil als neuem Superstar der Gunners, hat Gnabry den Sprung in den erweiterten Kader der Stammelf geschafft.
Sechs Deutsche stehen momentan bei Arsenal unter Vertrag: Neben Özil und Gnabry die etablierten deutschen Nationalspieler Per Mertesacker und Lukas Podolski, aber auch der 20-jährige frühere Dortmunder Thomas Eisfeld und der erst 16-jährige Berliner Gedion Zelalem. Arsène Wenger, nicht um Superlative verlegen, verglich Eisfeld nach seinem ersten Tor für Arsenal im Ligapokal bei West Bromwich Albion im September schon mit Robert Pires.
Mit 16 aus Stuttgart nach London
Aber es ist Gnabry, dem die große Karriere in der Premier League zugetraut wird. Innerhalb eines Jahres wandelte sich der aus der VfB-Jugend mit 16 nach London gewechselte U19-Nationalspieler vom Fan, der mit seinen Buddies Martin Angha (heute Nürnberg) und Héctor Bellerín (spanischer U19-Nationalspieler, der noch in Arsenals Reserve kickt) Spaß hatte, zum Startelfspieler in der Premier League.
Diesen Status verdankt Gnabry allerdings einer kurzfristigen Verletzung von Theo Walcott, der im September dieses Jahres gegen Stoke City unmittelbar vor dem Anpfiff absagen musste. So spielte Gnabry von Beginn an gegen die Potters mit ihren kompromisslosen Verteidigern um Robert Huth. Wenige Tage später verschoss Gnabry im Ligapokalspiel bei West Brom einen Strafstoß im Elfmeterschießen. Seine Gunners kamen trotzdem weiter und spielen so in der vierten Runde gegen Chelsea.
Wie wenig der junge Mann durch Rückschläge aus dem Konzept zu bringen ist, demonstrierte er, indem er am Wochenende nach dem WBA-Elfmeter das Führungstor für Arsenal bei Swansea City in der Premier League erzielte. Zu einem Kurzeinsatz reichte es auch in der vergangenen Woche gegen Dortmund in der Champions League - einen Club, dem er noch im Mai im Champions League-Finale gegen Bayern die Daumen gedrückt hatte.
Zweitjüngster Kanonier aller Zeiten
Doch es war bei Weitem nicht der erste Gnabry-Auftritt in der Königsklasse. Schon gegen Schalke hatte er im Herbst 2012 mit 17 sein Debüt im Europacup gefeiert. Die bisher sechs Pflichtspieleinsätze in dieser Saison sind allerdings schon von anderem Kaliber. Gnabry wird immer wichtiger für den Club. Das würdigten die Gunners nun mit einem Fünf-Jahres-Vertrag, der extrem lukrativ dotiert ist für einen so jungen Spieler. In der Bundesliga jedenfalls verdient ein 18-Jähriger, der noch nicht einmal ein U21-Auswahlspiel gemacht hat, keine knappe Million im Jahr.
Natürlich wurde Gnabrys schneller Vorstoß in die erste Arsenal-Elf auch durch Verletzungen etablierter Spieler begünstigt. Lukas Podolski, Theo Walcott und Alex Oxlade-Chamberlain stehen alle momentan nicht zur Verfügung. So kann Gnabry seine extreme Schnelligkeit, seine wohl vorstechendste Eigenschaft, auf dem rechten Flügel zur Geltung bringen. Der neue Vertrag zeigt jedoch, dass Arsène Wenger nicht nur PR-Geflüster benutzt, wenn er sagt, dass er daran glaube, Gnabry werde eines Tages "ein großer Arsenal-Spieler" werden. Der zweitjüngste Gunner aller Zeiten war er 2012 schon geworden - hinter Jack Wilshere, einem der vielen exzellenten Mittelfeldspieler im Kader der Gunners.
Falls Gnabry gegen Chelsea (20.45 Uhr im Live-Ticker bei sportal.de) in der Startelf stehen sollte, und dagegen spricht nicht viel, so könnte er es theoretisch auf seiner Seite auch mit seinem formstarken Landsmann André Schürrle zu tun bekommen. Der wird jedoch vermutlich nicht von Beginn an zum Einsatz kommen. Chelseas Manager José Mourinho zeigte sich nicht erfreut darüber, dass seine Blues nur zwei Tage nach dem schweren Spiel gegen Manchester City in der Premier League (2:1) schon wieder zu einem schweren Pflichtspiel antreten müssen. Zwar rückte der Trainer "aus Respekt vor den Fans" inzwischen von seinem Plan, nur Jugendspieler einzusetzen, ab, aber es ist unwahrscheinlich, dass die Stammelf gegen Arsenal zum Zug kommt.
Gnabry wird es egal sein. Er nimmt jedes Spiel mit. Und wenn er sich nicht so an Schürrle oder Eden Hazard hängen kann wie an Özil im Training - dann wird er sicher eine andere Verwendung für sein Talent finden.

