
Schuster, Stevens, Matthäus, Hrubesch - diese Namen lesen Sie zurzeit überall. Aber sind das wirklich die geeignetsten Kandidaten für die Nachfolge von Michael Oenning beim HSV? Wir haben mal ein paar andere Aspiranten ermittelt und stellen Ihnen sieben Optionen vor, die zum HSV passen würden - und die Sie vielleicht noch nicht auf der Rechnung hatten.
Nach der Entlassung von Michael Oenning werden beim HSV nun viele Spekulationen über seinen Nachfolger angestellt. Der neue Trainer muss "deutsch sprechen", wie Frank Arnesen bekannt gab. Dazu müsste es sich natürlich um einen Coach handeln, der mit jungen Spielern umzugehen weiß, und um jemanden, der anders als Oenning schon unter Beweis gestellt hat, dass er als Cheftrainer erfolgreich arbeiten kann.
Zudem ist es noch viel zu früh in der Saison, um einen Trainer einfach nach dem Prinzip "Feuerwehrmann" zu verpflichten, der mittel- bis langfristige Aspekt sollte nicht völig in den Hintergrund treten - was wohl eher gegen eine Lösung à la Peter Neururer spräche.
Der in der Hamburger Morgenpost ins Gespräch gebrachte Huub Stevens hat in Hamburg zwar erfolgreich gearbeitet, danach in Österreich aber nicht mehr. Zudem steht er nicht im Ruf, eine Mannschaft in moderner Weise zu entwickeln. Bernd Schuster verbindet bisher ausgebliebenen langfristigen Erfolg mit mutmaßlich zu teuren Gehaltsvorstellungen.
Der von manchen Medien ins Spiel gebrachte Marco van Basten war einer der besten Stürmer aller Zeiten - als Trainer aber hatte er gerade auf Clubebene bei Ajax nicht viel Erfolg, zudem überwarf er sich als Bondscoach mit vielen Leistungsträgern. Horst Hrubesch hat sehr erfolgreich mit den deutschen Nachwuchsteams gearbeitet. Das spricht für ihn. Seine HSV-Vergangenheit sollte in diesem Zusammenhang aber keine Rolle spielen, sondern nur seine rein fachliche Qualifikation. Auf Vereinsebene gilt: Sieben Clubs, bei keinem länger als ein Jahr geblieben, das letzte Engagement 14 Jahre her - da scheint das Risiko zu hoch.
Hier machen wir mal ein paar andere Vorschläge, von ganz groß bis ganz klein:
Guus Hiddink (Türkei)
Die ganz große Lösung. Für den HSV vermutlich nicht bezahlbar. Sportlich ist Hiddink, der sehr gut Deutsch spricht, noch bis mindestens Anfang Oktober als Nationaltrainer der Türkei gebunden - falls die Mannschaft Platz zwei hinter Deutschland in der EM-Qualigruppe A hält, dann auch noch Anfang November in den Playoffs.
Hiddinks Erfolge sind gigantisch, angefangen vom Gewinn des Europapokals der Meister mit der PSV Eindhoven, die er später auch noch einmal zu Zeiten von Sportdirektor Frank Arnesen trainierte. Auch in Chelsea kreuzten sich die Wege der beiden. Zwei Nationalteams führte Hiddink ins Halbfinale einer WM, die Niederlande 1998 und Korea 2002. Sein Standing und sein Charisma sind so groß, dass selbst die Hamburger Morgenpost nicht vom ersten Tag an auf Sperrfeuer schalten würde.
Doch wie schon gesagt - Hiddink ist nichts für den schmalen Geldbeutel, und eine Doppelrolle mit der Türkei (wie Hiddink sie zwei Jahre lang mit Australien und der PSV hatte) wäre nicht ideal, für beide Seiten.
Eric Gerets (Marokko)
Zusammen mit Arnesen spielte Gerets in den 1980er Jahren bei der PSV Eindhoven. Der Belgier kann auf eine lange Trainerkarriere zurückblicken, die ihn in Deutschland nach Kaiserslautern und Wolfsburg führte. Sechs Landesmeistertitel in vier verschiedenen Ländern stehen in seiner Vita.
Grundsätzlich ist Gerets noch bis zur WM 2014 an den marokkanischen Verband gebunden. Ein Heimsieg gegen Tansania Anfang Oktober würde die Qualifikation der Atlas-Löwen für die Afrikameisterschaft 2012 bedeuten. Gerets müsste also aus seinem Vertrag herausgekauft werden.
Für ihn spricht neben der Grundanforderung, des Deutschen mächtig zu sein, seine große Erfahrung, die in der Zusammenarbeit mit der jungen HSV-Mannschaft wichtig sein wird, und sein akribischer Zugang zum Fußball - Gerets kommt nicht nur über die Motivation. Er wäre eine etwas realistischere Lösung als Hiddink, allerdings immer noch kostspielig.
Thorsten Fink (FC Basel)
Gigi Oeris Entscheidung, den gerade als Trainer des FC Ingolstadt entlassenen Thorsten Fink zum Coach des Schweizer Traditionsclubs FC Basel zu machen, musste man auf den ersten Blick nicht verstehen. Im Nachhinein aber kann man der Präsidentin zu ihrer Weitsicht nur gratulieren. Zwei Meistertitel, ein Pokalsieg, zweimal in Folge der Einzug in die Champions League-Gruppenphase - Fink liefert in der Schweiz fraglos gute Arbeit ab.
In der Bundesliga hat Fink als Cheftrainer noch nicht gearbeitet, und der offensive Fußball, den er in Basel praktizieren lässt, dürfte ihm zwar viele Freunde einbringen, ist aber nicht primär das, was der in Abstiegsgefahr schwebende HSV gerade braucht. Zudem hat Finks bis 2013 laufender Vertrag dem Vernehmen nach keine Ausstiegsklausel, so dass seine Verpflichtung mit einer teuren Ablöse behaftet wäre, die der HSV eigentlich nicht zahlen kann.
Franky Vercauteren (Al-Jazira)
Zusammen mit Frank Arnesen, der nicht einmal einen Monat älter ist als er, stand Vercauteren 1984 im UEFA-Cup-Finale mit dem RSC Anderlecht, das die Belgier im Elfmeterschießen gegen Tottenham Hotspur verloren. Seit 1997 ist Vercauteren als Trainer tätig, durchlief jedoch nach einer ersten Cheftrainerstation in Mechelen zunächst beim RSC Anderlecht einige Jahre als Assistent.
Seit 2005 hauptamtlich für den belgischen Rekordmeister verantwortlich, holte Vercauteren zwei Meistertitel in Folge. In der vergangenen Saison gelang ihm der Titelgewinn mit dem Provinzclub KRC Genk. Vercauterens Sprachkenntnisse könnten jedoch zum Problem werden, ebenso wie die Tatsache, dass er lieber nach Abu Dhabi wechselte, anstatt mit Genk in der Champions League zu spielen.
Für Vercauteren spricht neben seinen Erfolgen die Tatsache, dass er dafür bekannt ist, junge Spieler zu fördern, was er in Anderlecht zum Beispiel anhand von Vincent Kompany unter Beweis zu stellen wusste.
Martin Jol (Fulham)
Ob seiner Freundschaft mit Frank Arnesen, der ihn einst nach Tottenham holte, schrieben wir schon im Frühjahr von Jol als idealem HSV-Trainer. Damals war er allerdings ohne Verein. Inzwischen ist er bei Fulham unter Vertrag. Jols erfolgreiche Zeit beim HSV in allen Ehren - aber einen Premier League-Club im September freiwillig zu verlassen, um beim Tabellenschlusslicht der Bundesliga zu unterschreiben, das würden nicht viele Trainer machen.
Da die Verantwortlichen, mit denen Jol sich 2009 in Hamburg nicht über die weitere Zusammenarbeit einigen konnte, inzwischen nicht mehr da sind (Bernd Hoffmann, Didi Beiersdorfer), bestünde der Hauptwiderstand für seine Verpflichtung aus Hamburger Sicht wohl in der örtlichen Boulevardpresse, die nach dem Weggang Jols nach Amsterdam aus Frust so manche Brücke abgebrannt hat.
Vor allem aber spricht gegen Jol wie schon erwähnt sein Engagement in London, das zwar bisher nicht ideal verläuft, aber nach seinen Abgängen in Hamburg und Amsterdam muss Jol nun mal wieder demonstrieren, dass er auch mal ein paar Jahre kontinuierlich arbeiten kann. Schade eigentlich, dass das in Hamburg nicht geht.
Dietmar Kühbauer (FC Admira)
Erinnern Sie sich noch an Didi Kühbauer? Der war vor zehn Jahren mal Kapitän des VfL Wolfsburg und wusste einen ganz gepflegten Pass zu spielen. Der Österreicher, der auch in Spanien bei Real Sociedad gespielt hat, ist heute 40 und seit eineinhalb Jahren Trainer.
Seine erste und bisher einzige Station als Chefcoach beim damaligen Zweitligisten FC Admira trat er im April 2010 als Nachfolger von Schoko Schachner an. Was im Kontext des HSV für Kühbauer spricht: Ohne große Investitionen und mit einem jungen Kader stieg er sofort in die österreichische Bundesliga auf. In dieser steht der kleine Club aktuell nach acht Spieltagen auf Platz zwei der Tabelle.
Gegen Kühbauer lässt sich natürlich einwenden, dass ein paar Spieltage in der höchsten österreichischen Liga keine hinreichende Qualifikation für den Trainerposten beim HSV sind. Stimmt. Stimmt aber auch, dass er der erste Trainer seit dem 20. Jahrhundert war, der bei Admira eine ganze Saison ohne Entlassung überstanden hat. Wenn das kein gutes Omen für den HSV ist.
Murat Yakin (FC Luzern)
Eine steile Trainerkarriere hat Murat Yakin, ehemals mit kurzen Intermezzi als Spieler in Stuttgart und Kaiserslautern, hinter sich. Yakins Trainerlaufbahn begann 2006 mit einer Saison als Coach seines Heimatclubs Concordia Basel, den er in der zweiten Liga zu seiner besten Platzierung seit fast 70 Jahren führte. Es folgten zwei Jahre als Assistent von Hanspeter Latour beim Grasshopper-Club in Zürich.
2009 übernahm Yakin dann erneut einen Cheftrainerposten, beim gerade aus der Super League abgestiegenen FC Thun. Mit dessen junger Mannschaft war es eine große Überraschung, dass sich die Berner gleich in der ersten Saison den Wiederaufstieg sichern konnten. Doch damit nicht genug - in der Spielzeit nach dem Aufstieg gelang der Einzug in die Europa League (wo Thun nach allerdings in der Qualifikation an Stoke City scheiterte).
Vor der aktuellen Saison wechselte Yakin aus seinem Vertrag heraus zum FC Luzern - mit dem er momentan nach acht Spieltagen noch ungeschlagen an der Tabellenspitze der Super League steht. Im Team steht unter anderen auch sein Bruder Hakan, der auch einst in Stuttgart aktiv war. Yakin wäre - da bisher nur in der Schweiz tätig - ein gewisses Risiko für einen großen Club wie den HSV. Von seinen Anlagen als Trainer her aber hat er das Zeug dazu, nicht seine ganze Karriere in der Super League zu verbringen.
Daniel Raecke