
Den wohl unwahrscheinlichsten Fußballeuropameister aller Zeiten gab es mit Sicherheit bei dem Turnier 1992 in Schweden. Scheinbar bis zum Ende wurde die dänische Auswahl nicht richtig ernst genommen und sorgte für den Paukenschlag.
Den wohl unwahrscheinlichsten Fußballeuropameister aller Zeiten gab es mit Sicherheit bei dem Turnier 1992 in Schweden. Man mag diese Behauptung hinterfragen und dagegenhalten, der Titelgewinn der griechischen Nationalmannschaft bei der Euro 2004 sei mindestens ebenso unwahrscheinlich gewesen.
Dabei wird jedoch verkannt, dass sich Griechenland damals tatsächlich für die Endrunde qualifizieren konnte. Der Start der Dänen war jedoch erst nachträglich ermöglicht worden. Aufgrund des Balkankrieges wurde nämlich dem eigentliche Gruppensieger in Qualifikationsgruppe 4, Jugoslawien, der Start bei der Euro kurzfristig versagt. Wie kurzfristig?
Das Eröffnungsspiel zwischen Schweden und Frankreich sollte am 10. Juni stattfinden, gerade einmal zehn Tage zuvor fiel die Entscheidung zugunsten des dänischen Fußballverbandes. Die Nachricht erreichte den späteren Europameister mitten in der Vorbereitung auf ein Spiel gegen die Nationalmannschaft der GUS, Nachfolger der Sowjetunion, Vorgänger von Russland, die in dieser Partie der Mannschaft den letzten Schliff für das Turnier verpassen wollte.
Oranje führt Deutschland vor
Während des Turniers hielt sich beharrlich die Legende, die dänische Mannschaft sei direkt vom Badestrand auf den Fußballrasen gestürmt, und nicht nur ein Gegner ließ sich dadurch so täuschen, dass die Auswahl des DBU praktisch bis zum Endspiel nie ganz ernst genommen wurde.
Da die Endrunde damals nur mit acht Mannschaften ausgespielt wurde, ging es nach der Gruppenphase direkt mit den Halbfinalspielen weiter. Während sich in Gruppe A Schweden vor Dänemark durchsetzte, gewann in Gruppe B die Niederlande vor Deutschland, im entscheidenden letzten Gruppenspiel hatte sich Oranje mit einem überzeugenden 3:1 gegen Deutschland den Gruppensieg gesichert. Vieles deutete aus ein erneutes Aufeinandertreffen der Erzrivalen Deutschland und Niederlande im Finale hin.
Niederlande siegesgewiss
Für die niederländischen Spieler hatte schon der 3:1-Erfolg eine enorme Wertigkeit. Als Rinus Michels kurz vor Ablauf der Spielzeit beim 3:1 eine Auswechslung vornehmen wollte, weigerten sich seine Spieler gleich reihenweise, für den einzuwechselnden Peter Bosz Platz zu machen. Der hatte seinem Bruder vor dem Spiel versprechen müssen, sich einem Trikottausch mit einem deutschen Spieler auf jeden Fall zu verweigern.
"Ich habe immer gesagt, wir würden Deutschland zweimal in diesem Turnier treffen, erklärte Rinus Michels bereits vor den Halbfinals. Sie waren sich so sicher, die Niederländer. Gleich reihenweise wurden in der Heimat Charterflüge Richtung Schweden abgesagt, man wollte sich die Reise lieber noch etwas aufsparen, um dann beim ganz großen Triumph dabei zu sein.
Gegen die dänische Auswahl blieben ganze Fanblocks verwaist. Fast schon gleichgültig nahm man in den Reihen von Oranje den Ausgleichstreffer zum 1:1 zur Kenntnis, ein selbstverständlicher Pflasterstein im Weg auf dem Weg ins Finale. Umso ernüchternder war dann das Ausscheiden im Elfmeterschießen. Und selbst in der Niederlage hatte die niederländische Nationalmannschaft noch keine Lehren aus der Partie gezogen, wie ein Kommentar von Hans van Breukelen, dem damaligen Torhüter, deutlich machte.
"Wir haben den Deutschen die Haut gerettet. Sie sind bereits Weltmeister. Und jetzt bekommen sie auch noch unseren Titel. So kann man sich täuschen. Auch die DFB-Auswahl konnte den größten Erfolg in der dänischen Fußballgeschichte nicht mehr abwenden. Der 2:0-Sieg im Endspiel gegen Deutschland genießt in Dänemark Legendenstatus.