
War es die von Clemens Tönnies kritisierte "permanent emotionale Körpersprache" von Jürgen Klopp, die zum 1:2 von Borussia Dortmund gegen Schalke 04 führte? Nein, eher ein Taktikexperiment des BVB, aber vor allem defensiv kompakte und offensiv effektive Gegner.
Ibrahim Affellay (14.) hatte mit seinem Führungstreffer dafür gesorgt, dass Borussia Dortmund nach 30 Bundesliga-Heimspielen in Folge mal wieder einen Gegentreffer in der ersten Hälfte hinnehmen musste, ehe Marco Höger (48.) kurz nach Wiederanpfiff für Schalke 04 nachlegte.
Robert Lewandowski (55.) konnte lediglich noch den Anschlusstreffer für den BVB erzielen, der nach der Derby-Niederlage in der Bundesliga-Tabelle somit nun schon zwölf Punkte hinter Bayern München und fünf hinter Erzrivale Schalke zurückliegt.
Schalke 04, mit 17 Punkten Tabellendritter, brachte dem BVB nicht nur nach 17 ungeschlagenen Heimspielen die erste Niederlage bei, sondern feierte selbst den ersten Derby-Sieg seit 2010, der bei etwas konsequenterer Ausnutzung der Konterchancen durchaus noch höher hätte ausfallen können.
Das 3-5-2 liegt Borussia Dortmund nicht
Die lange Verletztenliste - Jakub Blaszczykowski, Ilkay Gündogan, Mario Götze und Marcel Schmelzer - hatte Jürgen Klopp zu Experimenten gezwungen. Die Ausfälle ersetzte er durch Kevin Großkreutz, Moritz Leitner sowie Ivan Perisic und ließ sein Team erstmals in einem 3-5-2 auflaufen, in dem Sven Bender zwischen Mats Hummels und Neven Subotic agierte. Die Systemumstellung führte beim BVB allerdings zu erheblichen Abstimmungsproblemen. Offensiv konnte die Borussia so nicht die Initiative ergreifen, defensiv bot sie Schalke 04 immer wieder Räume.
Diese nutzten die aggressiv und exakt in der Aufstellung vom 3:0 über Wolfsburg agierenden Königsblauen zur frühen 0:1-Führung. Atsuto Uchida hatte den herausrückenden Hummels mit einem Rückpass von der Grundline zum an der Strafraumgrenze lauernden Jefferson Farfan aus dem Spiel genommen, dann leitete Bender dessen Flanke ungewollt per Kopf zum halblinks postierten Affellay weiter, dessen Volleyschuss aus 13 Metern über den Innenpfosten den Weg ins Tor fand.
Nach einer halben Stunde, in der Schalke 04 immer mehr Spielanteile bekam, diese aber nicht konsequent zu Chancen und Toren nutzte, beendete Klopp sein Systemexperiment, beorderte Lukasz Piszczek auf die Linksverteidigerposition und ließ Bender auf rechts eines 4-4-1-1 rücken. Dem Spiel von Borussia Dortmund tat die Rückkehr zum gewohnten System sichtlich gut. Mehr als ein schwacher Flachschuss von Marco Reus und eine verstolperte Strafraumaktion von Robert Lewandowski sprangen aber vor der Pause nicht mehr heraus.
Schalke 04 erwischt BVB nach der Pause eiskalt
Dortmund bemühte sich nach dem Seitenwechsel sofort um mehr Initiative und wurde dabei eiskalt ausgekontert. Ein Ballgewinn im Mittelfeld, schnelles Umschalten und ein Traumpass von Lewis Holtby in die Spitze zu Höger, der allen davonrannte und frei vor Roman Weidenfeller flach von der Strafraumgrenze zum 0:2 vollendete und dem BVB das bereits fünfte Kontergegentor dieser Saison beibrachte, waren die Konsequenz. Wenn Joel Matip kurz darauf nach einer Ecke den Ball nicht aus ultrakurzer Distanz tatsächlich über die Latte gehämmert hatte, wäre das Spiel wohl endgültig entschieden gewesen.
Doch so kam Borussia Dortmund, mittlerweile mit Julian Schieber anstelle von Perisic, noch einmal zurück. Einen Reus-Freistoß aus 30 Metern beförderte Lewandowski per Kopf zum 1:2-Anschlusstreffer in die Maschen. Reus vergab drei Minuten später nach missglückter Ballannahme aus spitzem Winkel sogar die Chance zum Ausgleich. Der BVB hielt den Druck allerdings nicht hoch genug, was auch an Schalkes hervorragender hoher Deckungsarbeit lag, die die Hausherren vom Tor fernhielt und eigene Konter ermöglichte. Weidenfeller verwehrte dem nach Huntelaar-Pass freigespielten Affellay mit toller Parade aber den Torerfolg.
Da sich Schalke 04 auch in der Schlussviertelstunde keinesfalls nur hinten reinstellte, sondern es schaffte, den Ball durch eigene Offensivaktionen vom eigenen Strafraum fernzuhalten und sogar selbst noch zu Chancen kam, blieb es ein flottes Spiel. Doch Huntelaar vergab die dickste Großchance in der Schlussminute leichtfertig, am Sieg seiner Mannschaft, dem ersten im Derby seit 2010, änderte dies aber nichts mehr.