
Bernd Schuster fühlt sich überall wohl, heißt es. Solange er nur einen Fußballplatz habe. Wer das Hotelleben in einer Trabantenstadt wie Getafe überlebte, den kann offenbar auch Wolfsburg nicht schrecken. Fraglich, ob es Schuster oder die Wölfe länger aushalten als zwei Jahre.
Wie kicker und Bild übereinstimmend berichten, soll Schuster den bisherigen Interimscoach Lorenz-Günther Köstner ablösen und einen Vertrag bis 2015 unterschreiben. Die Niedersachsen hoffen sich durch diese Verpflichtung das in den letzten Jahren ständig drehende Trainerkarussell endlich zum Stillstand zu bekommen.
Eine offizielle Bestätigung des Clubs steht noch aus, Köstner bestätigte aber bereits seine Rückversetzung ins zweite Glied. "Es herrschen klare Verhältnisse. Ich habe mich von jedem Einzelnen verabschiedet", so der scheidende Interimscoach.
Allerdings hatte keins der bisherigen Engagements des Trainers Bernd Schuster so lange gedauert. Egal ob bei Fortuna Köln (1997-98), dem 1. FC Köln (1998-99), Deportivo Xerez (2001-2003), Shaktar Donezk (2003-04), UD Levante (2004-05), FC Getafe (2005-07), Real Madrid (2007-08) und Besiktas Istanbul (2010-2011), regelmäßig war vorzeitig Schluss für den Blonden Engel, obwohl er vielfach für seine Art, Fußball spielen zu lassen, gelobt worden war.
Sportliche Talfahrt oder gestörtes Klima
Die Gründe für das vorzeitige Ende seiner Jobs waren fast immer dieselben: entweder strebte Schuster nach Höherem - wie bei seinen Wechseln von Xerez nach Donezk und von Getafe, wo er lange in einem eher schmucklosen Hotel gewohnt hatte, zum deutlich prestigeträchtigeren Real Madrid - oder aber sportliche Talfahrten und Zwiste mit Entscheidungsträgern seiner Clubs machten eine weitere Zusammenarbeit unmöglich.
"Wenn ihn Präsident oder Medien nervten, stürzte er sich in die Konfrontation. Oft trug er so dazu bei, das Arbeitsklima zu verderben", hatte das Magazin RUND schon 2007 in einem Porträt Schusters festgestellt. So war es in seiner Spielerzeit, als er im Unfrieden von Bayer Leverkusen schied und daran änderte sich auch in seiner Zeit als Coach wenig.
Schuster bei Real Madrid ein Opfer des Sportdirektors
Bei Real Madrid, wo Schuster trotz der gewonnenen Meisterschaft 2007/08 gehen musste, als sein Team in der Folgesaison zwei Spiele in Folge verloren und Schuster den Titel frühzeitig öffentlich abgeschrieben hatte, wurde er allerdings auch ein "Opfer" von Präsident Ramon Calderon und Sportdirektor Predrag Mijatovic. "Pedja hatte mich von Anfang an abgehakt, denn ich war nicht sein Favorit gewesen", behauptete der nicht nur in Spanien als "Cabezas cuadradas" (Dickschädel) verschrieene Schuster nach seiner Entlassung.
Calderon, der kurz nach der Schuster-Entlassung wegen Manipulationen bei seiner Präsidentenwahl zurücktreten musste, hatte er zudem eine verfehlte Personalpolitik vorgeworfen. "Von den Verstärkungen, die ich gefordert hatte, kam keiner, schimpfte Schuster damals laut Marca. Calderon habe sich zu sehr auf die Verpflichtung von Cristiano Ronaldo versteift, die damals noch scheiterte.
Bei Besiktas Istanbul, seiner letzten Trainerstation, schmiss Schuster aus eigenen Stücken hin, nachdem er wegen des 21 Punkte-Rückstands auf Tabellenführer Fenerbahce und eines desatrösen Auftritts in der Europa League gegen Dynamo Kiew in den Mittelpunkt der Kritik gerückt war. "Schuster hat erklärt, dass er uns verlassen möchte, weil er nicht das erreichen kann, was er sich vorgestellt hat", hieß es in der offiziellen Mitteilung des Clubs.
Bernd Schuster erstmals in der Bundesliga aktiv
Nun darf Bernd Schuster erstmals in der Bundesliga versuchen, seine Vorstellungen in die Tat umzusetzen. Beim VfL Wolfsburg hatte er diversen Berichten zufolge bereits zweimal als Kandidat für das Traineramt im Gespräch gewesen, als 2009 ein Nachfolger für Felix Magath gesucht worden war und ein Jahr später, als man sich schließlich für Steve McClaren entschied.
Anders als bei Real Madrid dürfte Schuster beim VfL Wolfsburg allerdings mit den Verantwortlichen auf einer Wellenlänge funken. Mit Klaus Allofs hatte Schuster 1980 mit der deutschen Nationalmannschaft den EM-Titel gewonnen, mit Wolfsburgs Aufsichtsratschef Garcia Sanz verbindet ihn eine private Freundschaft. Zumindest die zwischenmenschliche Basis dürfte stimmen, zudem ist beim VfL Wolfsburg immer was los. Passt doch zu Schusters ebenfalls in RUND geäußerten Motto: "Für mich gibt es nichts Schlimmeres als Langweile."