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Über 60.000 gegen 12 also, nur 0,05 Prozent der Fans stehen dem sicheren Stadionerlebnis im Weg. Ähnlich dachte offenbar der Kicker, der in seiner Ausgabe vom Montag dem angekündigten Stimmungsboykott der Fans anlässlich des Sicherheitskonzepts der DFL wenig Akzeptanz prophezeite: "Mit einer wachsenden Zustimmung für ihren Protest unter der Mehrheit der Stadionbesucher dürfen die Fan-Aktivisten nach Feuer-Vorfällen in zwei Stadien nicht rechnen, eher mit Unverständnis".
Was ist eine Mehrheitsmeinung?
Abgesehen davon, dass dieser von Jörg Jakob formulierte Absatz genau der Logik "Wenn es einzelne Regelbrecher gibt, dann darf sich auch niemand über flächendeckende Repression beschweren" folgt, stellte er sich am Dienstag auch als grundfalsch heraus. Und sei es nur deshalb, weil jemand, der pfeift, wenn Leute Pyrotechnik zünden, deshalb noch lange nicht allen Sicherheitspapieren blind zustimmen muss.
Denn die Aktion "Ohne Stimme keine Stimmung" wurde in vier Zweitliga- und in vier Bundesligastadien eben nicht nur von einer kleinen Minderheit, sondern von einer riesigen Mehrheit der Fans mitgetragen. So eindrucksvoll war der Stimmungsboykott (der für zwölf Minuten und zwölf Sekunden eingehalten wurde, um an den 12.12. zu erinnern, an dem das Sicherheitskonzept verabschiedet werden soll), dass im Fernsehen ausführlich darüber berichtet wurde und auch im Stadion jeder auf das Anliegen aufmerksam gemacht wurde.
Indem die Fans ihre Stimme entzogen, wurde ihre Stimme in der Debatte also auch jenseits des großen Wahrnehmungsgrabens gehört. Das nennt man wohl Dialektik. Diese wird im Hause Axel Springer traditionell nicht so gern gesehen, und so muss man festhalten: In allen Medien? Nein! Ein kleines Verlagshaus unbeugsamer Boulevardjournalisten leistet tapfer Widerstand. Auf der Internetseite von Europas größter Sportzeitschrift wurde der Stimmungsboykott mit keiner Silbe erwähnt. Das hat dann allerdings weniger mit Fox News zu tun. Und mehr mit Nordkorea.