DFB-Präsident Wolfgang Niersbach steigt auf der Karriereleiter nach oben, Michel Platini macht es sich auf den letzten Metern gemütlich - und von der Spitze grüßt Joseph S. Blatter. Der Kongress des europäischen Dachverbands UEFA in Wien ist ein Paradebeispiel für die Verstrickungen im Weltfußball, in dem der deutsche Boss künftig eine (noch) gewichtigere Rolle spielen wird.
"Vom Grundsatz ist das für eine Person kaum zu machen - 30 Tage im Jahr muss ich zusätzlich einplanen", sagte Niersbach dem SID: "Aber es gab in unserem Präsidium den klaren Wunsch, dass der Deutsche Fußball-Bund als mitgliederstärkster Verband durch mich in der FIFA repräsentiert wird."
Am Dienstag wird der 64-Jährige offiziell von den Delegierten der Europäischen Fußball-Union in die Regierung des Weltfußballs bestellt. Seinen Dienst im FIFA-Exekutivkomitee tritt Niersbach dann im Sommer an - als Nachfolger von Intimfeind Theo Zwanziger, mit dem sich der DFB seit Monaten in einem grotesken Streit befindet.
"Ich bin 64 - mein Ding ist der deutsche Fußball, und wenn ich meine internationalen Kontakte einbringen kann, mache ich das gerne", sagte Niersbach, der mit dem UEFA-Exko bereits bis Montag in Österreichs Hauptstadt tagt. Die FIFA kann jedes neue Gesicht gebrauchen.
Wahlkampf in Wien
Nach SID-Informationen könnte es in Wien sogar ein bisschen Wahlkampf geben. Zu Beginn des Kongresses spricht FIFA-Präsident Joseph S. Blatter (79), wegen der zahlreichen Krisen eine Art Persona non grata für viele der 54 UEFA-Mitgliedsverbände. Am Ende sollen dann die drei Herausforderer für die Präsidenten-Wahl des Weltverbandes am 29. Mai, Michael van Praag (67), Prinz Ali bin Al Hussein (39) und Luis Figo (42), ihr Forum bekommen. Ob das den Amtsinhaber aus der Schweiz ("Ich führe keine Wahlkampagne, ich mache meinen Job") interessiert, ist fraglich."Der Topfavorit bleibt Blatter", sagte Niersbach: "Ich habe ihm unter vier Augen gesagt, dass ein Wechsel besser wäre, auch für ihn persönlich. Wir können auch als DFB nicht zufrieden sein, wenn die FIFA kein gutes Image hat. Das zu ändern, ist nur mit einem Wechsel machbar. Man kann noch so viel an den Strukturen und Organigrammen ändern, letztlich hängt es an den handelnden Personen."
Der erfolgversprechendste Kandidat gegen Blatter hat letztes Jahr gekniffen. Platini (59) lässt sich am Dienstag lieber für weitere vier Jahre an der UEFA-Spitze bestätigen. "Ich habe mich nicht gegen die FIFA, sondern für die UEFA entschieden, das ist eine ganz andere Angelegenheit", sagte er: "Und ich bin sehr glücklich, ich bin zufrieden. Vielleicht ist es momentan nicht meine Zeit, um zur FIFA zu gehen. Wir werden sehen, ob ich eines Tages dorthin gehe oder nicht."