Der Tod von Gerd Bonk hat die dramatische Situation vieler DDR-Dopingopfer noch einmal auf tragische Weise in die Öffentlichkeit gerückt. Am vergangenen Montag starb der ehemalige Weltklasse-Gewichtheber nach langer, schwerer Krankheit - gezeichnet von der langjährigen Verabreichung von Dopingmitteln. Doch die Aufarbeitung des DDR-Staatsdopings lässt auch knapp 25 Jahre nach dem Mauerfall zu wünschen übrig.
Dabei wurde die ganze Tragweite der Versäumnisse innerhalb nur weniger Tage an nur zwei Beispielen offensichtlich. In der vergangenen Woche wurde bekannt, dass die Verstrickungen des Hauptgeschäftsführers des Landessportbundes Thüringen, der ehemalige Hochspringer Rolf Beilschmidt, offenbar doch viel enger waren als bisher bekannt und von ihm selbst zugegeben. Dennoch machte er nach der Wende weiter als Funktionär Karriere.
Bonk wartete vergeblich auf Opferrente
Wenige Tage nach den Medienberichten starb Bonk, der als staatlich anerkanntes Dopingopfer bis an sein Lebensende vergeblich auf eine Opferrente gewartet hatte. Die vor einigen Jahren den betroffenen zugestandene Einmalzahlung von einigen tausend Euro ist bei vielen Opfern nur ein Tropfen auf dem heißen Stein."Die Betroffenen müssen sehen, wie sie klarkommen, die Täter stehen da und feiern sich", beschreibt Dopingopfer Andreas Krieger die Situation: "Da platzt mir der Kragen. Es schnürt mir den Hals zu." Mehr als 700 Betroffene haben sich alleine im letzten Jahr beim Doping-Opfer-Hilfeverein (DOH) gemeldet. "Die Situation ist katastrophal. Es hat zwar in der Vergangenheit Prozesse und Einmalentschädigungen gegeben, aber die Betroffenen sind mit ihrer Not und ihren geschädigten Körpern allein", sagte die DOH-Vorsitzende Ines Geipel: "Wir erwarten, dass der Sport Geld in die Hand nimmt. Auch die Politik muss endlich handeln."
Betroffene fühlen sich alleine gelassen
Viele Betroffene fühlen sich mit ihren Problemen alleine gelassen - auch von der Öffentlichkeit. "Ich wurde ausgelacht. Es gibt in der Gesellschaft null Bewusstsein dafür", sagte eine Betroffene. Dabei sind die gesundheitlichen Probleme der Opfer vielfältig. Geipel berichtet von Herzerkrankungen, Organschädigungen, Suizidversuchen, Krebserkrankungen. Doch die Liste ist noch viel viel länger. Über 80 Fälle von Depressionen gebe es beispielsweise derzeit.Zermürbend seien auch die Gerichtsprozesse, wenn sich die Opfer diese überhaupt leisten können. Erstmals wurde im vergangenen September der ehemaligen Kanutin Kerstin Spiegelberg eine Rente nach dem Opferentschädigungsgesetz zugesprochen. Nach jahrelangem Rechtsstreit, mit einer Vielzahl von Gutachten und Gegengutachten. Und noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Die Klage reichte sie 2007 ein, vor sieben Jahren.
Mindestens ebenso lange kämpfen die Dopingopfer für eine staatliche Rente. Bisher ohne Erfolg. Zuletzt wurde im vergangenen Jahr ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen auf eine monatliche Rentenzahlung in Höhe von 200 Euro im Deutschen Bundestag abgelehnt. Die Gegner machten sich dabei nicht einmal mehr die Mühe, ihren Standpunkt im Plenum zu begründen. Sie gaben ihre Reden schlicht und einfach zu Protokoll.