Das "N"-Wort nahm Thomas Tuchel selbst in den Mund: "Es fühlt sich an wie ein Neuanfang", sagte der Trainer von Borussia Dortmund bei der Saisoneröffnungspressekonferenz und wirkte trotz des personellen Aderlasses in der Sommerpause weniger lethargisch als vielmehr voller Vorfreude: "Es ist wichtig loszulassen und ganz wichtig, etwas Neues zu schaffen."
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Mit blutjungen Spielern und neuer Lust auf die Saison will der BVB die Abgänge von Weltmeister Mats Hummels (Bayern München), Nationalspieler Ilkay Gündogan (Manchester City) und Torjäger Henrikh Mkhitaryan (Manchester United) kompensieren. Die erhoffte Neuerfindung des Vizemeisters und Pokalfinalisten soll dabei keinesfalls übereilt werden.
"Wir werden Zeit brauchen, die Dinge neu zu ordnen oder die Dinge neu ordnen zu lassen", sagte Tuchel ohne größere Wehmut. Aufgrund der Abgänge von gleich drei Leistungsträgern, die immerhin rund 110 Millionen Euro in die Vereinskasse gespült haben, verbietet sich den Schwarz-Gelben eine neuerliche Jagd auf Doublegewinner Bayern München zumindest vorerst. "Wir werden die Spieler nicht eins-zu-eins ersetzen, und es wäre auch ein Fehler, es zu versuchen", sagt Tuchel und schloss sogar eine Veränderung der Dortmunder Spielphilosophie nicht aus.
"Mehr als normale Abgänge"
Ohnehin kann der Coach ohne drei seiner bisher stärksten Spieler nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. "Es sind mehr als normale Abgänge", sagt Tuchel: "Da fehlen uns auf jeden Fall Säulen, die das Teamgebilde stabilisiert haben. Wir haben alle getan, sie zu halten." Bei Lockrufen von nationalen und internationalen Spitzenklubs reicht dies aber nicht: "Wir müssen anerkennen, dass es Klubs gibt, die von der Strahlkraft noch eine Stufe über uns stehen."
Strahlkraft soll sich allerdings in der bevorstehenden Saison in den Augen der Spieler wiederfinden. "Wir haben uns bewusst für Talent, Entwicklungsfähigkeit und für überwiegend ausländische Profis mit Qualität entschieden, die ein Leuchten in den Augen haben", sagt Tuchel über die Zugänge Marc Bartra (FC Barcelona), Sebastian Rode (Bayern München), Emre Mor (FC Nordsjaelland), Ousmane Dembele (Stade Rennes), Mikel Merino (CA Osasuna) und den frischgekürten Europameister Raphaël Guerreiro (FC Lorient) verpflichtet. Allesamt nicht älter als 25 Jahre und auf dem Weg zur internationalen Klasse - oder wie Guerreiro durch die Nominierung in die Topelf der EURO gerade in der Spitze angekommen.
"Der Weg, den wir einschlagen, ist ein riskanter Weg, doch Risiko wird manchmal belohnt. Wir wollten Spieler, die sich mit Haut und Haar mit dem BVB identifizieren", erläuterte Tuchel die Einkaufspolitik.
Kommen weitere Spieler?
Nur auf jugendliche Unbekümmertheit will sich der BVB jedoch voraussichtlich auch nicht. Durch die Blume kündigte Tuchel jedenfalls weitere Neuzugänge an. "Es kann in alle Richtung was passieren. Champions League ist noch einmal was ganz anderes als die Europa League. Es lohnt sich immer, etwas Puffer zu haben und den jungen Leuten nicht zu viel aufzubürden", meint der 42-Jährige. "Wir dürfen in der Kaderplanung nicht blauäugig sein."
Ein Neuer könnte Weltmeister und Tuchels früherer Musterschüler Andre Schürrle vom VfL Wolfsburg sein. Der 25-Jährige, der unter Tuchel mit der Mainzer U19 Meister geworden war und den Durchbruch in der Bundesliga geschafft hatte, soll sich mit beiden Klubs bereits einig geworden sein. Angeblich soll es nur noch am Geld hängen: Der BVB bietet 25 Millionen Euro, die Niedersachsen fordern indes angeblich mindestens 30 Millionen Euro.
Nach starker EM von seiner Leihe beim AC Florenz zurückkehren wird der polnische Nationalspieler Jakub Blaszczykowski - und beim BVB vorerst nicht auf den deutschen Nationalspieler Marco Reus treffen. Reus laboriert seit dem DFB-Pokalfinale an einen kleinen Einriss des Adduktorenansatzes sowie einer leichten Schambeinentzündung. Ein Medizincheck am Mittwoch soll Klarheit bringen.