Thomas Schaaf goss sich einen Kaffee ein und rührte gelassen in seiner Tasse. Der 54-Jährige versuchte, nach dem nächsten spielerischen Offenbarungseid von Hannover 96 äußerlich gelassen zu bleiben - doch innerlich brodelte es in Schaaf.
"Brutal" sei die Verunsicherung seiner Mannschaft gewesen, sagte Schaaf nach der erschreckend schwachen Vorstellung beim 0:1 (0:1) der Niedersachsen gegen den FSV Mainz 05. "Angst" hatte Schaaf ausgemacht, "wie gelähmt wirkte die Mannschaft".
Der Blick auf die Tabelle gab den Niedersachsen den Rest: Das Schlusslicht hat jetzt schon sieben Punkte Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz.
Am Ende wirkte auch Schaaf wie seine Spieler völlig bedröppelt. Sein Team kassierte durch den Treffer von Jairo Samperio (24.) nicht nur die sechste Pleite in Serie, sondern ließ im Abstiegskampf der Bundesliga auch restlos alles vermissen: Leidenschaft, Mut und unbedingten Siegeswillen. Stattdessen gab es Slapstick in der Defensive, Fehlpässe im Mittelfeld und Schüsse auf die Tribüne im Angriff. Noch während der Partie schallte es - neben den Pfiffen - von den Rängen: "Wir haben die Schnauze voll."
"Beschissene Situation"
Auch Ron-Robert Zieler wirkte hinterher ratlos. "Das ist natürlich eine beschissene Situation", sagte der Nationaltorhüter und versuchte, trotz der nicht bundesligawürdigen Leistung irgendwie Zuversicht zu verbreiten: "Wir werden nicht aufgeben und uns der Situation stellen."
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Als nächstes müssen sich die 96er Borussia Dortmund stellen. Wie der nach 14 Saisonniederlagen schlechtesten Mannschaft der Liga ausgerechnet beim BVB die Wende gelingen soll, bleibt auch Schaaf ein Rätsel. Sein Team trainiere unter der Woche recht ordentlich, meinte der ehemalige Meister-Trainer. Doch wenn es darauf ankommt, "kriegen wir es nicht gebacken".
Schaaf lässt wie zu besten Zeiten bei Werder Bremen auch in Hannover mit einer Mittelfeld-Raute und zwei Stürmern spielen. Allerdings fehlen ihm in Niedersachsen dafür die passenden Spieler. Manuel Schmiedebach ist auf der Position des Spielmachers völlig überfordert. Außerdem wirken im Sturmzentrum die Neuzugänge Hugo Almeida und Adam Szalai wie zwei schwerfällige Fremdkörper - und weil die Abwehr um Kapitän Christian Schulz eigentlich in jedem Spiel wackelt, rückt der Abgrund zur 2. Liga für Hannover immer näher. "Man ist nicht durch Zufall am 20. Spieltag Letzter", sagte Geschäftsführer Martin Bader.
Lösungen sind rar
"Mir war vollkommen klar, dass das kein einfacher Weg wird. Ich bin angetreten, um es herumzureißen", sagte Schaaf: "Und da werde ich nicht aufhören." In den nächsten 14 Partien setzt Schaaf dabei auch auf das Prinzip Hoffnung. Er baut darauf, dass "diese Glocke", unter der sich sein Team befinde, "einfach mal weggesprengt wird".
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Schaaf steht nun vor den wohl schwierigsten Wochen seiner langen Laufbahn. Der Hoffnungsträger, der irgendwie noch zum Retter werden soll, muss Lösungen finden, eine Idee entwickeln - um das scheinbar Unmögliche doch noch möglich zu machen. "Wir müssen so schnell wie möglich die Kurve zu kriegen", sagte Schaaf.
Wie das gelingen soll, sagte er nicht.