Abstiegskampf statt Halbfinale: Das deutsche Fed-Cup-Team erlebte bei der Erstrunden-Niederlage auf Hawaii einen Albtraum und muss erneut um den Klassenerhalt bangen.
Zumindest ihren Humor hatte Barbara Rittner nach dem Albtraum von Hawaii und vor dem Rückreisechaos nicht verloren. "Das war das schlimmste Fed-Cup-Erlebnis auf der schönsten Insel. Aber ich werde zum Urlaub machen zurückkommen", sagte die Teamchefin, während im Hintergrund die Pazifikwellen rauschten.
Das Lächeln von Rittner wirkte nach dem 0:4 gegen die USA und dem verpassten Halbfinale gequält. Die unglaubliche Serie von Pleiten, Pech und Pannen auf Maui diente der 43-Jährigen nicht als alleinige Entschuldigung - und schon gar nicht als Trost. "Nein, zumal wir unsere Chancen hatten", sagte Rittner: "In meinem Herzen waren wir vorher nicht der Außenseiter, sondern die Chancen standen bei 50:50."
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Statt des Halbfinales wartet aber nun erneut wie im vergangenen Jahr am 22./23. April der Kampf gegen den Abstieg aus der Weltgruppe der besten acht Teams auf die DTB-Mannschaft. Der Gegner wird am Dienstag ausgelost. Einen neuerlichen Angriff auf die ersehnte dritte Fed-Cup-Trophäe nach 1987 und 1992 kann es damit frühestens 2018 geben. Ende nächsten Jahres läuft auch der Vertrag der Teamchefin aus. Es könnte also eng werden mit der Erfüllung des großen Titel-Traums in dieser prägenden Rittner-Ära.
Zumindest hatte Angelique Kerber bereits am Rande der Australian Open angekündigt, dass sie im April wieder mit an Bord sein wird. Die zweimalige Grand-Slam-Siegerin fehlte auf Hawaii, weil sie in dieser Woche beim Turnier in Doha startet.
"Es tut mir so leid, dass das Team es abbekommen muss"
Man hätte den Ausfall der Weltranglistenzweiten aber durchaus kompensieren können, wenn Andrea Petkovic nicht völlig die Nerven verloren hätte. "Das geht auf meine Kappe", sagte die Darmstädterin selbstkritisch: "Ich hätte mein erstes Einzel gewinnen können und das zweite gewinnen müssen."
Am Sonntag hatte "Petko" nach bis dahin ganz starker Leistung mit 6:3, 4:2 gegen Coco Vandeweghe geführt, ehe sie sich von einer medizinischen Auszeit der Melbourne-Halbfinalistin komplett aus dem Tritt bringen ließ. Petkovic machte kein Spiel mehr, zertrümmerte ihr Racket und fühlte sich "wie gelähmt. Wenn mich mein Unvermögen blockiert, habe ich es auch nicht verdient. Es tut mir so leid, dass das Team es abbekommen muss", meinte die Nummer 51 der Welt.
Rittner konnte die psychische Blockade nicht lösen. "Ich kam nicht mehr an Andrea ran", sagte sie. Bereits im ersten Einzel hatte Petkovic gegen Alison Riske (6:7, 2:6) zwei Satzbälle vergeben. Kritiker behaupteten, die emotionale Petkovic habe sich auch durch den Eklat mit der falschen Hymne aus der Spur bringen lassen. Nach einer Wutrede ("Das war der schlimmste Moment in meinem Leben") ruderte sie am Sonntag zurück. Auch so etwas kostet Kraft - und raubt Konzentration.
Die 29-Jährige suchte nicht nach Ausreden, gab aber zu bedenken, dass der Druck durch die Verletzungssituation enorm war. Julia Görges hatte sich am Samstag in der abgebrochenen Partie gegen Vandeweghe (3:6, 1:3) das Knie verdreht und konnte am Sonntag nicht mehr zur Fortsetzung antreten. Und Laura Siegemund, die deutsche Nummer zwei hinter Kerber, plagte auf Hawaii eine Verletzung am rechten Schlagarm.
Es passte ins Bild einer völlig verkorksten Reise ans andere Ende der Welt, dass sogar die Abreise nicht wie geplant klappte. Wegen eines Schneesturms in Montreal konnte das Team nicht gemeinsam fliegen und musste zum Teil auf unterschiedlichen Maschinen die Heimreise antreten.