Severin Freund genoss kurz die Freude über seinen starken zweiten Platz von Innsbruck, dann verneigte er sich vor Tournee-Dominator Peter Prevc: Trotz zweier Traum-Flüge am ungeliebten Bergisel hat der Skisprung-Weltmeister die wohl entscheidende Niederlage im Kampf um den ersten deutschen Vierschanzentournee-Sieg seit Sven Hannawalds "Grand Slam" 2001/2002 kassiert.
"Jetzt braucht es schon ein Wunder. Peter war heute einfach der Bessere", sagte Freund, der im dritten Tournee-Springen zum dritten Mal auf dem Podest landete. Nach Sprüngen auf 122,5 und 128,0 Meter betrug der Rückstand auf den Tagessieger allerdings klare 11,1 Punkte. "Der Abstand ist jetzt schon sehr, sehr groß. Ich glaube, für die Gesamtwertung muss man nicht mehr groß überlegen", sagte Freund: "Aber es ist trotzdem eine sehr schöne Tournee für mich."
Prevc segelte vor 22.000 Zuschauern auf überragende 125,0 und 132,0 m und geht mit einem Vorsprung von beruhigenden 19,7 Zählern oder umgerechnet elf Metern auf Freund in das Finale am Mittwoch in Bischofshofen. Den ersten slowenischen Tournee-Erfolg seit Primoz Peterka 1996/1997 dürfte er sich kaum noch nehmen lassen. "Ich bin wirklich zufrieden. Aber bis Bischofshofen hat niemand irgendwas gewonnen", sagte der 23-Jährige: "Ich bin da auch schon mal bei 115 m gelandet, damit wäre jetzt die Tournee weg. Es kann sich alles so schnell ändern."
Schuster: "Bin sehr stolz auf Severin"
Hochzufrieden war indes auch Werner Schuster. "Ich bin sehr stolz auf Severin. In Anbetracht der Umstände war das gigantisch", sagte der Bundestrainer über den Oberstdorf-Sieger, der in der Probe nach der Landung noch gestürzt war: "Das hätte böse enden können. Nach so einem Sturz muss man sich erst einmal einen Telemark trauen." Den alles überragenden Prevc bezeichnete Schuster als "fantastischen Sportler. Er ist momentan einfach der Beste."
Rang drei belegte Kenneth Gangnes mit 251,5 Zählern, auch in der Gesamtwertung ist der Norweger mit 22,2 Punkten hinter Freund nun schon Dritter. Der Österreicher Michael Hayböck (247,5) musste sich zwei Tage nach Platz zwei in Garmisch-Partenkirchen noch hinter dem Norweger Johann Andre Forfang mit dem fünften Rang begnügen.
Da auch Titelverteidiger Stefan Kraft (231,9) nur Elfter wurde, schwanden die Chancen auf den erhofften achten Austria-Sieg in Folge auf ein Minimum. "Hut ab, wie Peter und Severin derzeit marschieren", sagte ÖSV-Trainer Heinz Kuttin.
Wellinger zweitbester DSV-Adler
Zweitbester DSV-Adler wurde Andreas Wellinger (Ruhpolding), der als starker Sechster sein bestes Saisonresultat verbuchte. "Das kann sich sehen lassen", sagte Wellinger. Auch Andreas Wank (Hinterzarten) überzeugte auf Position neun, in der Gesamtwertung belegen Richard Freitag und Wank die sehr guten Ränge neun und zehn.
Vorjahressieger Freitag (Aue) hatte allerdings Pech mit dem Wind und belegte nur den zehnten Rang. "Meine Sprünge haben nicht gepasst, ich war ein bisschen zu verkrampft", sagte der Sachse, der seinem Zimmerkollegen Freund für das Finale Mut machte: "Noch ist es drin. Prevc wird aufgeregt sein, Sevi heiß. Das ist ein Unterschied."
Punkte sammelte zudem Stephan Leyhe (Willingen) auf Platz 21. Leer gingen dagegen Karl Geiger (Oberstdorf/31.) und Michael Neumayer (Oberstdorf/39.) aus. Das gleiche Schicksal ereilte wie schon in Oberstdorf den zweimaligen Tournee-Sieger Gregor Schlierenzauer aus Österreich und überraschend auch Klingenthal-Sieger Daniel-Andre Tande aus Norwegen.
Für Freund hatte der Arbeitstag mit einer Schrecksekunde begonnen. In der Probe segelte er auf starke 129,0 m, verlor nach der Landung aber das Gleichgewicht und zog sich leichte Prellungen zu. "Morgen werde ich den einen oder anderen blauen Fleck haben, aber das hätte noch viel blöder ausgehen können", sagte Freund.
Die Entscheidung um den Gesamtsieg fällt am Mittwoch (17.15 Uhr) in Bischofshofen, bereits am Dienstag steht die Qualifikation an. Auf der Paul-Außerleitner-Schanze hat Freund bislang einen achten Rang als bestes Resultat stehen. "Aber Serien sind ja dafür da, gebrochen zu werden", sagte Freund.