Sechs Minuten durfte Andreas Sander von einer WM-Medaille im Super-G träumen, dann überschlugen sich die Ereignisse: Der norwegische Olympiasieger Kjetil Jansrud stieß Sander vom "Stockerl" und sah schon wie der sichere Sieger aus, als plötzlich "Oldie" Erik Guay einen Traumlauf in den aggressiven Schnee auf der "Corviglia" zauberte und zu Gold raste. Jansrud blieb Silber vor Guays kanadischem Landsmann Manuel Osborne-Paradis, Sander belegte letztlich einen guten siebten Rang.
"Top 10, das ist genial. Ich bin zufrieden", sagte Sander nach dem besten WM-Super-G eines deutschen Rennläufers seit Platz sechs von Florian Eckert 2005 in Bormio. 0,46 Sekunden fehlten Sander zu Bronze. Guay, der mit 35 Jahren älteste Weltmeister der alpinen Ski-Geschichte, war 0,97 Sekunden schneller als der 27-Jährige Westfale. Josef Ferst enttäuschte als 26., WM-Debütant Thomas Dreßen schied aus.
"Es war gut, aber es wäre noch besser gegangen", sagte Sander. Unzufrieden dürfe er nach seinen Vorleistungen mit Platz fünf als Top-Ergebnis aber "auf keinen Fall" sein. "Es waren sechs schneller, und die waren einfach besser", stellte er fest. Sein eigener Plan sei "zu 97, 98 Prozent aufgegangen". Die restlichen Prozentpunkte, die zur Medaille fehlten, ließ er im Mittelteil liegen, wo Guay Gold schürfte.
"Das ist ein typisches WM-Podest", sagte Sander, "mit einem Favoriten und ein paar Überraschungen." Dass mit Jansrud trotz seiner Erkältung zu rechnen sein würde, war klar. Aber die Kanadier? Guay war 2011 in Garmisch-Partenkirchen Abfahrtsweltmeister. Doch nach einem Kreuzbandriss am Anfang der Karriere hatte er immer wieder mit Problemen am Knie zu kämpfen. Seinen letzten Super-G gewann er vor sieben Jahren.
"Sehr speziell"
"Das ist unglaublich. Nach so langer Zeit, nach den Verletzungen - das ist schon sehr speziell", sagte er überwältigt. Noch vor eineinhalb Wochen schien dieser Coup aus der Welt. Bei der Weltcup-Abfahrt in Garmisch-Partenkirchen stürzte Guay am Seilbahnsprung spektakulär auf den Rücken, sein Airbag, den nicht alle Rennläufer tragen, verhinderte Schlimmstes. "Ich habe versucht, das zu vergessen und mich auf die WM zu konzentrieren", sagte er. Das gelang dem Familienvater aus Quebec bravourös.
Sehr zur Überraschung der Favoriten. "Ich dachte schon, es ist eins und zwei bei Norwegen", sagte Jansrud. Während ihm immerhin Silber blieb, verdrängte Geburtstagskind Osborne-Paradis Jansruds Teamkollegen Aleksander Aamodt Kilde um drei Hundertstelsekunden vom Podium.
Kilde war allerdings nur einer von vielen Geschlagenen. Hannes Reichelt verlor seinen Titel und den "Altmeister"-Rekord an Guay. Österreichs Abfahrts-Olympiasieger Matthias Mayer schied aus, die Schweizer Hoffnung Beat Feuz belegte Platz zwölf.
Ferstl hatte bei schwierigen Verhältnissen mit "flachem Licht" Probleme. "Vielleicht habe ich zu viel gewollt", sagte er: "Verbockt, fertig, Punkt." WM-Debütant Dreßen schied aus. Sein erster Gedanke? "Leck mich am Arsch, muss das sein?"