So einen Satz wie damals wird er wohl nicht mehr bringen. 10. Februar 2003, Ski-WM in St. Moritz, durch die Tür im Hotel Crystal kommt ein gewisser Felix Neureuther, Sohn von "Gold-Rosi" Mittermaier und Christian Neureuther und angeblich gesegnet mit jeder Menge Talent. Er durfte kommen, obwohl er die Norm nicht erfüllt hatte. Er ist 18 Jahre alt. Unbekümmert. Seine ersten Worte: "Am Eingang habe ich gleich zwei super Hasen gesehen." Ein Schenkelklopfer. Wenn der jetzt auch noch gut Ski fährt ...!
"Wenn ich damals die Tragweite dieses Satzes erkannt hätte ...", sagt Felix Neureuther - und lächelt. Heute, versichert er, "bin ich ein bisschen schlauer, was ich sage und was nicht". Und dennoch: Nachdem Neureuther am Sonntag das Cresta Palace in Celerina bezogen hatte, blieben flotte Sprüche nicht aus. Denn eines hat sich in den vergangenen 14 Jahren kaum bis gar nicht geändert: Felix Neureuther. "Ich bin", sagt er im SID-Interview, "immer noch das große kleine Kind."
Und so sagt er auf die Frage, wie das denn diesmal sei mit den "super Hasen", mit einem Grinsen: "Enttäuschend". Als er sich dazu äußern soll, wie er denn die Playboy-Fotos der Kollegin Christina Geiger findet, entgegnet er: "Ich habe eine super Frau daheim, da brauche ich keine andere mehr anzuschauen." Gemeint ist Freundin Miriam Gössner, die sich auch schon mal für das Männer-Magazin entblättert hat. Als er nachrechnet, seine wievielten Weltmeisterschaften er bestreitet, klingt das so: "14 geteilt durch zwei ist sieben."
"Das war eine Phase, die wirklich nicht einfach war"
Tatsächlich sind es 14 Jahre nach seinen ersten Weltmeisterschaften nun bereits die achten für Neureuther, und es werden, sagt er wenig überraschend, "vielleicht meine letzten" sein. Und ja, ergänzt er: "Man kann jetzt einen Kreis schließen, man versucht, nochmal alles zu genießen und aufzusaugen." An die WM 2013 in Schladming wird in der Erinnerung aber nichts herankommen, "das wird nichts mehr toppen können, rein von der Emotion und Stimmung her". 45.000 Zuschauer - und endlich eine Einzelmedaille. Silber. Im Slalom.
14 Jahre. Sein Talent, sein Gefühl für Ski und Schnee haben Neureuther trotz seines kaputten Rückens auch zu Bronze bei der WM 2015 getragen. Aber: Die Versäumnisse im Training sind nur noch unter sehr großen Mühen aufzuholen, wenn überhaupt. Neureuther muss mehr denn je kämpfen. Olympia 2018 noch. Oder? "Abwarten", sagt er, was zähle, "ist immer das Jetzt." Erst mal geht's um Team-Wettbewerb, Riesenslalom und Slalom bei dieser WM.
Bei der WM 2003 hat Neureuther mit Bestzeit im zweiten Lauf des Slaloms geglänzt, er wurde am Ende 15. - es war ein kleiner Lichtblick für den damals am Boden liegenden Deutschen Skiverband. Danach aber dauerte es Jahre, ehe Neureuther nicht mehr der Sohn von Rosi und Christian war, sondern Rosi und Christian die Eltern von Felix wurden. "Ah, schau, das ist er, der schafft es sowieso nicht, der Sohn von ...", hätten die Leute gesagt: "Das war eine Phase, die wirklich nicht einfach war."
Neureuther betont, dass diese Phasen in seiner Karriere wichtig gewesen seien für seine Entwicklung als Mensch, die ja eh viel wichtiger sei als eine Medaille mehr oder weniger. Aber selbstverständlich wurmt es ihn, dass er nicht mehr so gut fährt wie früher, dass ihm dieses "Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben beim Skifahren", diese "Leichtigkeit" abhanden gekommen ist. Grund: Beim richtigen Material-Mix hat er Defizite.
Was ihn trotzdem optimistisch stimmt? "Wieso soll es nicht noch mal funktionieren, es hat ja schon mal funktioniert."