Auch Stunden nach der neuerlichen Eskalation im Duell der "Silberfeinde" hatte sich der Ärger bei Nico Rosberg nur oberflächlich gelegt. "Es ist jetzt alles geklärt", sagte der 29-Jährige, bevor er in Shanghai ins Flugzeug Richtung Dubai stieg. Doch der Frust über das unkollegiale Verhalten seines Stallrivalen Lewis Hamilton beim Großen Preis von China war Rosberg nach wie vor deutlich anzusehen. Nach nur drei Saisonrennen in der Formel 1 ist bei Mercedes schon wieder Feuer unterm Dach.
"Wir müssen aufpassen, dass so eine Situation nicht völlig eskaliert. Die Rivalität ist okay, so lange sie nicht über Bord geht", sagte Motorsportchef Toto Wolff. Rosberg hatte Hamilton öffentlich verbal attackiert, weil sich der Deutsche in China benachteiligt fühlte. Sieger Hamilton hatte ihn - angeblich ohne Vorsatz - clever ausgebremst und Rosberg so jeglicher Chancen auf den ersten Saisonsieg beraubt. "Es ist unmöglich zu sagen, ob er das absichtlich gemacht hat", meinte Rosberg.
Der 29-Jährige aus Wiesbaden wollte den Zoff später zwar wieder runterspielen ("Man muss das nicht total aufblasen"), doch das Konfliktpotenzial beim Konstrukteurs-Weltmeister lässt sich nicht wegdiskutieren. Hamilton hatte bislang auf der Strecke in allen drei Rennen die Nase vorn, bei Rosberg scheint langsam Frust aufzukommen. "Die schenken sich beide nichts", sagte Wolff, der auch betonte: "Wir müssen das diskutieren und ansprechen."
Situation droht zu eskalieren
Das geschah in Shanghai am Sonntagabend noch in großer Runde, bevor sich ein Teil des Teams auf den Weg nach Bahrain machte, wo am Sonntag der nächste Formel-1-Showdown ansteht. "Nach Bahrain schleppe ich nichts mit, das ist ja nicht so ein Riesenthema, und jetzt ist alles besprochen", sagte Rosberg und versuchte erneut abzuschwächen: "Das Team hat die Situation sehr gut geregelt."
Nachdem sich das Verhältnis der beiden Fahrer, die sich bereits seit Kindertagen duellieren und in Monaco sogar im gleich Haus wohnen, über den Winter merklich entspannt hatte, droht die Situation jetzt schon nach drei Rennen wieder zu eskalieren. "Es darf nicht so werden wie im letzten Jahr", sagte Wolff. 2014 hatte Rosberg in Belgien unabsichtlich Hamiltons Hinterreifen aufgeschlitzt, anschließend plauderte der Brite Interna aus. Eine Krisensitzung wurde eilends anberaumt.
Viel erinnerte damals schon an die großen Teamduelle der Formel-1-Geschichte wie denen zwischen Alain Prost und Ayrton Senna oder Michael Schumacher und Eddie Irvine. Eine Teamorder wird es bei Mercedes trotzdem nicht geben, beide Piloten sollen ihre Rivalität auf der Strecke austragen. Obwohl WM-Spitzenreiter Hamilton (68 Punkte) seinen Kollegen Rosberg (3./51) bislang deutlich in die Schranken verwies, soll es auch keine Hierarchie unter den Piloten geben. "Es wird nie ein Fahrer bevorteilt, und wir versuchen, kontroverse Situationen zu vermeiden", sagte Wolff.
"Mich interessiert nicht, ob es Streit gibt"
Niki Lauda, Aufsichtsratsboss des Teams, kümmerte sich gar nicht erst um den Zoff. "Mich interessiert nicht, ob es Streit gibt. Wichtig ist, dass wir den ersten und zweiten Platz haben und Vettel Dritter ist", betonte Lauda: "Sie werden sich auch wieder beruhigen, und das Thema ist erledigt."
Durch Hamiltons Bummelei an der Spitze war jedoch zwischenzeitlich sogar Rosbergs zweiter Rang in China gefährdet, denn von hinten holte der drittplatzierte Sebastian Vettel im Ferrari immer weiter auf. "Nico war in dieser Situation gefangen. Da kann man verstehen, dass die Emotionen hochkochen", sagte Wolff. Selbst konnte er Hamilton nicht überholen, weil seine Reifen bei einem Angriff zu schnell abgebaut hätten. "Mir hat das extrem viel Stress bereitet, das war nicht nötig", sagte Rosberg.