FIFA-Präsident Joseph S. Blatter hat nach eigenen Angaben für einen Streit zwischen DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und "Kaiser" Franz Beckenbauer gesorgt. "Ich habe mit Franz Beckenbauer telefoniert", sagte der 79-Jährige nach seiner Wiederwahl der Schweizer Boulevardzeitung SonntagsBlick: "Er sagte mir, er jedenfalls habe den deutschen Verbandspräsidenten zusammengefaltet, weil der gegen mich stimmte."
Beckenbauer dementierte umgehend. "Ich habe mit Wolfgang Niersbach freundschaftlich diskutiert", sagte er der Bild: "Von zusammenfalten kann überhaupt keine Rede sein. Es steht mir auch nicht zu, einen DFB-Präsidenten zusammenzufalten. Wolfgang Niersbach und ich haben ein herzliches und offenes Verhältnis."
Niersbach hatte vor dem FIFA-Kongress wie auch die Spitze der Europäischen Fußball-Union (UEFA) klar gemacht, für einen Wechsel an der FIFA-Spitze votieren zu wollen. UEFA-Präsident Michel Platini "hat in der Nacht vor der Wahl allen Verbänden ein E-Mail geschrieben, dass sie gegen mich und für Prinz Ali bin Al Hussein stimmen sollen", sagte Blatter, der am Ende mit 133:73 gegen den Herausforderer gewann: "Und das, obwohl Europa nicht mal einen eigenen Kandidaten hinbekommt. Es war schon sehr enttäuschend, was mir in den letzten Tagen passiert ist."
Platini hatte Blatter am Vortag der Wahl zum Rücktritt aufgefordert. "Er hat mich am Donnerstag um ein persönliches Gespräch gebeten. Also gingen wir in mein Büro. Er zog sein Jackett aus, streckte sich gemütlich aus und sagte: 'Lass uns einen guten Whisky unter Freunden trinken.'", sagte Blatter: "Ich erwiderte: Nein, keinen Whisky, aber ich höre dir zu. Und dann meinte er allen Ernstes: 'Sepp, du machst den Kongress und am Schluss gibst du bekannt, dass du zurücktrittst. Du bekommst ein gigantisches Fest und dein Büro hier bei der FIFA kannst du behalten.'"
Aufgrund der tiefen Krise im Weltverband steht Blatter weltweit in der Kritik. Am vergangenen Mittwoch waren in Zürich sieben hochrangige FIFA-Funktionäre verhaftet worden, die US- und Schweizer Behörden ermitteln wegen Korruption und Geldwäsche. "Es war null Respekt gegenüber meiner Person da", sagte Blatter, der betont hatte, dass nicht gegen ihn ermittelt werde.
Deutsche wegen FIFA-Krise in Angst um den Fußball
Wegen der schweren Krise beim Weltverband FIFA sind die Deutschen in großer Angst um den Fußball. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Emnid für die Bild am Sonntag äußerten 63 Prozent der 504 befragten Bundesbürger die Befürchtung, dass die FIFA durch ihre zahlreichen Skandale und Misstände den Sport kaputt macht. Nur 28 Prozent sehen das sportliche Geschehen im Fußball durch die großen Probleme der Organisation nicht gefährdet.
Die große Sorge in der deutschen Bevölkerung um die Zukunft des Fußballs kommt nicht von ungefähr: 47 Prozent und damit fast die Hälfte aller Befragten sahen die FIFA-Exekutive noch einen Tag vor der bizarr verlaufenen Wiederwahl des umstrittenen Verbandsbosses Joseph S. Blatter (Schweiz) als "kriminelle Vereinigung" an. Nur für 42 Prozent besaß die "Weltregierung des Fußballs" schon vor der Aufnahme von Präsident Wolfgang Niersbach vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) noch eine ausreichende Glaubwürdigkeit.
Nach den Verhaftungen von zwei FIFA-Vizepräsidenten und fünf weiteren hochrangigen Funktionären in Zürich sprach sich eine überwältigende Mehrheit der Deutschen für einen Rücktritt von Blatter aus. Bereits einen Tag vor seiner Wiederwahl forderten 76 Prozent die Demission des 79-Jährigen und damit auch einen personellen Neuanfang an der FIFA-Spitze. Ganze elf Prozent hingegen befürworteten die Bestätigung des Eidgenossen im höchsten FIFA-Amt.
Die Umfrageergebnisse spiegeln eine unmittelbare Reaktion auf die jüngsten Enthüllungen korrupter Machenschaften von FIFA-Funktionären durch US-Ermittlungsbehörden wider. Die US-Bundespolizei FBI und die US-Steuerfahndung IRS haben nach den Verhaftungen amtierender oder früherer FIFA-Amtsträger aus nord-, mittel- und südamerikanischen Verbänden wegen Betrugs und anderer korrupter Delikte weitere Ermittlungen bestätigt. Ein hoher IRS-Mitarbeiter stellte am Wochenende bereits weitere Anklagen und Festnahmen von Fußball-Funktionären in Aussicht.