Nach ihrem Drittrundeneinzug in Wimbledon atmete Sabine Lisicki erleichtert auf. "Es war wichtig, dass ich heute in zwei Sätzen gewonnen habe", sagte die Vorjahresfinalistin. Dabei ging es ihr weniger um die eingesparte Kraft. Das 6:3, 7:5 gegen die Tschechin Karolina Pliskova ermöglichte Lisicki, pünktlich zum Anstoß der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen die USA vor dem Fernseher zu sitzen.
Auch Andrea Petkovic und Angelique Kerber interessieren sich brennend für die Fußball-WM, allerdings noch mehr für den eigenen Erfolg im All England Club. Beide Fed-Cup-Finalistinnen verpassten wegen ihrer Dreisatzmatches den Anpfiff in Brasilien, folgten jedoch Lisicki in die dritte Runde.
Top-Ten-Spielerin Kerber bestand auf dem Center Court ihre Bewährungsprobe gegen die Britin Heather Watson mit 6:2, 5:7, 6:1. Nachdem sie vom 1:0-Sieg der Löw-Elf in Recife gehört hatte, sagte die Kielerin: "Dies ist ein guter Tag für Deutschland." French-Open-Halbfinalistin Petkovic egalisierte derweil mit ihrem 6:4, 3:6, 6:1 gegen die Rumänin Irina-Camelia Begu ihr bestes Ergebnis beim ältesten Tennisturnier der Welt.
Petkovic mit Schockmoment
Die 26 Jahre alte Darmstädterin überstand dabei eine Schrecksekunde, im zweiten Satz war sie ausgerutscht und musste sich behandeln lassen. Dick bandagiert kehrte sie auf den bislang so ungeliebten Heiligen Rasen zurück und dominierte den entscheidenden Durchgang. "Ich war nach dem Sturz paralysiert, aber es ist nichts Dramatisches", sagte Petkovic.
Dagegen endeten die deutschen Ambitionen im Herreneinzel abrupt. Nach den Niederlagen von Philipp Kohlschreiber (Augsburg/Nr. 22) und Julian Reister (Hamburg) steht erst zum dritten Mal in den vergangenen 30 Jahren kein deutscher Tennisprofi unter den besten 32. Diese desaströse Bilanz hatte es bislang nur 1987 und 2011 gegeben.
Kohlschreiber enttäuscht
Der an Position 22 gesetzte Kohlschreiber unterlag dem Italiener Simone Bolelli in einem Fünfsatzkrimi 6:4, 4:6, 3:6, 6:2 und 5:7. Eine unnötige Niederlage gegen die Nummer 132 der Welt, besonders bei Kohlschreibers Ambitionen ("Den Traum vom Einzug in die Top 10 kann mir keiner nehmen").
Der frühere Davis-Cup-Spieler sprach später auch von Enttäuschung, "solch ein knappes Ding verloren zu haben". Immerhin schaffte er es rechtzeitig zum Anpfiff vor den Fernseher. Kohlschreiber hatte bei der Turnierleitung extra nach einem frühen Matchbeginn gefragt - und war sogar erhört worden.
Auf Lisicki, Petkovic und Kerber warten nun jeweils hohe Hürden vor dem Einzug in die zweite Woche von Wimbledon. Petkovic bekommt es mit der kanadischen Aufsteigerin Eugenie Bouchard zu tun, die in Paris ebenfalls das Halbfinale erreicht hatte. "Das wird ein hartes Match, aber ich denke, ich bin bereit", sagte die 26-Jährige.
Kerber spielt gegen die letztjährige Halbfinalistin Kirsten Flipkens (Belgien/Nr. 24) um den Einzug ins Achtelfinale. "Sie spielt sehr variabel, auch mal mit Slice und Rhythmuswechseln", sagte die Linkshänderin: "Vieles wird an mir liegen, ich werde versuchen dagegenzuhalten."
Lisicki trifft am Samstag auf die ehemalige Weltranglistenerste Ana Ivanovic (Serbien/Nr. 11), gegen die sie in diesem Jahr in Stuttgart verloren hatte. "Da war ich aber noch nicht in Form", sagte die 24-Jährige trotzig. Bei ihrem Lieblingsturnier im Londoner Südwesten ist das anders, hier fürchtet Lisicki niemanden. "Das Gefühl wird immer besser, ich habe mich wieder gesteigert und auch besser aufgeschlagen", sagte sie und verschwand auf der Suche nach dem nächsten Fernseher.