Trotz eines Trainingsrückstandes gewinnt Philip Heintz bei der Kurzbahn-WM die Silbermedaille. Sie dürfte seine Gedanken um ein Karriereende weiter nach hinten schieben.
Nach seinem sechsten Platz bei Olympia hatte Philip Heintz noch bittere Tränen der Enttäuschung geweint, vier Monate später stieg er freudestrahlend aus dem Becken. "Ich bin superhappy, das ist megacool", sagte der Lagenschwimmer nach seinem zweiten Platz über 200 m zum Auftakt der Kurzbahn-WM im kanadischen Windsor.
Die WM-Silbermedaille auf der 25-m-Bahn kann zwar nicht wirklich über die knapp verpasste Olympia-Medaille hinwegtrösten, aber sie dürfte Heintz weitere Motivation geben, bei den Sommerspielen 2020 in Tokio einen neuen Anlauf zu nehmen. Nach Rio hatte der Heidelberger, der zu den ganz wenigen deutschen Weltklasse-Schwimmern zählt, offen mit einem Karriereende geliebäugelt.
"Ich bin jetzt 25, ich werde mir nicht noch einmal vier Jahre den Arsch aufreißen, um dann bei Olympia wieder nur im Finale zu stehen", hatte er im Welt-Interview gesagt und die mangelhafte finanzielle Unterstützung für deutsche Leistungssportler scharf kritisiert: "Wer wird denn für 700 Euro im Monat Vollprofi? Davon kannst du nicht mal Miete und Essen zahlen." Im Vergleich zu einem internationalen Top-Schwimmer trete er als "Kreisligist gegen einen Champions-League-Teilnehmer" an.
"Ein Meisterstück"
Die Gedanken an sein Karriereende verfolgt Heintz aber vorerst nicht mehr, die jüngsten Erfolge bei der Weltcuptour und nun auch in der umgebauten Eishockey-Arena von Windsor haben ihn wieder auf den Geschmack gebracht. Bei seinem Silberrennen blieb der Vizeeuropameister von 2014 nur um 15 Hundertstelsekunden über seinem deutschen Rekord - obwohl er wegen Bundeswehrlehrgängen und vieler Starts in der Weltcupserie im Vorfeld nur wenig trainieren konnte. Deshalb sei Platz zwei "ein Meisterstück gewesen", schwärmte Bundestrainer Henning Lambertz: "Respekt und Hut ab vor dieser riesengroßen Leistung."
Heintz profitiert noch immer vom intensiven Training im Olympiazyklus. "Ich habe die letzten vier Jahre mit meinem Trainer extrem gute Arbeit geleistet, das ist das Fundament", sagte der gebürtige Mannheimer. Das 200-m-Finale sei dennoch auch eine Frage des Willens gewesen: "Ich habe mir gedacht: Komm, das ist das letzte 200-m-Lagenrennen der Saison, reiß dich nochmal zusammen, dann wird das schon irgendwie passen."
Im Finale musste er sich lediglich dem Olympia-Dritten Wang Shun aus China um 0,33 Sekunden geschlagen geben. "Dass es wieder der Wang war, der drei Zehntel vor mir war, das nervt mich so langsam", sagte Heintz: "Vielleicht wird es nächstes Mal andersherum."
Eine der wenigen DSV-Medaillenhoffnungen hat neue Motivation gesammelt und blickt in ihre sportliche Zukunft. Das ist ein gutes Zeichen für den deutschen Schwimmsport.