Oleg Snarok wirkt mürrisch, murmelt leise vor sich hin. Als das Stichwort Sotschi fällt, schaut der 51-Jährige böse. "Nächste Frage", brummt er. Bei der WM in Minsk trennt nur noch Titelverteidiger Schweden am Samstag (13.45 Uhr) den Rekordweltmeister vom Finale um Gold - und von der Wiedergutmachung für die Pleite beim olympischen Heimspiel vor drei Monaten.
Der ehemalige Zweitliga-Spieler mit deutschem Pass hat die russischen Eishockey-Stars um Alexander Owetschkin auf Kurs gebracht. Nur darüber reden will Snarok nicht. Das übernehmen andere.
"Wir sind hier, um den Titel zu gewinnen", sagte NHL-Torschützenkönig Owetschkin nach dem 3:0 im Viertelfinale gegen Frankreich, dem achten Sieg im achten WM-Spiel. Und Snarok, der einst in Landsberg, Freiburg und Heilbronn spielte, ist derjenige, der nach dem bitteren Viertelfinal-Aus von Sotschi den russischen Eishockey-Stolz wiederherstellen soll.
Der Star ist das Team - nicht Owetschkin
Als Spieler galt er als schlampiges Genie, eine mögliche NHL-Karriere scheiterte an fehlenden Englischkenntnissen. Doch als Trainer scheint Snarok genau der Richtige für die russischen Stars zu sein. Er hat ihnen taktische Disziplin beigebracht, selbst Owetschkin geht jetzt pünktlich vom Eis, wenn die Kollegen in seiner Sturmreihe wechseln. "Wir haben ein Team geformt", sagt der Coach lapidar, "das ist das Erfolgsrezept."Acht Siege, 34:7 Tore, die beste Torquote (13,28 Prozent), das beste Unterzahlspiel (94,12 Prozent), die besten Torhüter (Fangquote 96,48 Prozent), vier Stürmer mit acht oder mehr Scorerpunkten - die Sbornaja überzeugt in Minsk als Mannschaft, die Blöcke sind ausgeglichen besetzt, Stars wie Owetschkin und Jewgeni Malkin ordnen sich unter.
Dass ausgerechnet ein ehemaliger Zweitligaspieler aus Deutschland die russischen Einzelkönner zu einem Team formt, scheint kurios. In Ust-Kataw im Ural geboren, in der lettischen Heimat seiner Eltern zum Profispieler geworden, versuchte Snarok nach dem Zerfall der Sowjetunion sein Glück in Nordamerika.
Englischkenntnisse verhindern NHL-Karriere
Die Boston Bruins unterbreiteten ihm ein Angebot für die NHL, Snarok lehnte es ab, "weil mir die Summe zu klein war", wie er den Eishockey-News erzählte. Das Problem: Weil er kein Englisch verstand, hatte er nur die Zahl gelesen und nicht, dass sie pro Monat und nicht pro Jahr gezahlt werden sollte. "So ist das Schicksal", sagte er. "So bin ich in Deutschland gelandet."Für die DEL hätte er "sehr viel arbeiten müssen. Darauf hatte ich damals keine Lust mehr." Also zauberte er in der zweiten Liga. Erstklassig wurde Snarok erst als Trainer. Bei fünf Weltmeisterschaften und bei Olympia 2010 betreute er die lettische Nationalmannschaft, dabei wirkte er mit seinem Schnauzbart und den langen Haaren immer ein wenig wie ein windiger Gebrauchtwagenhändler.
In der KHL führte er Dynamo Moskau zweimal zum Meistertitel. Als nach der Olympiapleite Sinetula Bijaletdinow gehen musste, wurde Snarok Russlands Nationaltrainer - mit kürzeren Haaren und Seitenscheitel.
Gegner Schweden, 3:2-Sieger im Viertelfinale gegen WM-Gastgeber Weißrussland, hat gehörigen Respekt vor Snaroks Team. "Sie haben schon ein paar Superstars dabei", meinte Stürmer Mikael Bäcklund, "aber auch wir sind hier, um Gold zu holen." Im zweiten Halbfinale (17.45 Uhr/Sport1) stehen sich der zwölfmalige Weltmeister Tschechien mit Altstar Jaromir Jagr und der Olympiadritte Finnland gegenüber.