Die hoch bezahlten Stars in den katarischen Trikots hüpften nach dem Abpfiff ausgelassen über das Spielfeld und feierten ihren "historischen" Viertelfinalzug bei der Handball-WM mit La Ola, da braute sich in den Katakomben das Unheil zusammen. "Ich glaube, Katar wird Weltmeister", sagte Patrekur Johanesson, Teamchef der unterlegenen Österreicher, mit ernstem Gesichtsausdruck und voller Sarkasmus - und brachte die allgemeine Stimmungslage damit auf den Punkt.
Die zusammengekaufte Multi-Kulti-Truppe des Gastgebers hatte beim hart erkämpften 29:27 gegen das ÖHB-Team zwar spielerisch keineswegs überzeugt, doch die bizarren Begleitumstände des geschichtsträchtigen Erfolges sorgten für einen faden Beigeschmack. Die Österreicher witterten eine Verschwörung und übten scharfe Kritik an der Schiedsrichterleistung.
"Ich habe noch nie in meinem Leben eine Halbzeit erlebt, in der es so viele Offensivfouls gegeben hat", monierte Kapitän Viktor Szilagyi vom Bundesligisten Bergischen HC. Nach der österreichischen Halbzeitführung habe das kroatische Schiedsrichtergespann plötzlich seine Linie geändert. "Vielleicht muss man das erwarten. Ich kann das schwer akzeptieren", sagte Szilagyi und nährte damit den Verdacht, das katarische Team werde bei der WM im eigenen Land bevorteilt.
Das Viertelfinale der Gastgeber am Mittwoch gegen den Sieger der Partie zwischen Deutschland und Ägypten dürfte damit unter strengster Beobachtung stehen.
"Traum wahr geworden"
Während sich Teamchef Johanesson lieber nicht zur Leistung der Unparteiischen äußern wollte, nahm auch der Lemgoer Torhüter Thomas Bauer kein Blatt vor den Mund. Direkt nach dem Schlusspfiff stürmte er auf die beiden Schiedsrichter Boris Milosevic und Matija Gubica zu und geigte ihnen lautstark seine Meinung. "Ich hab ihnen nur mitgeteilt, dass sie zu Beginn die besten Referees des Turniers waren - und nach den letzten fünf Minuten das Gegenteil", sagte Bauer. Die österreichische Kronen Zeitung titelte am Montag: "Österreich von Referees und Katar aus WM gekickt!"Die Hausherren feierten unterdessen den größten Erfolg in der Geschichte des katarischen Handballs. "Die Menschen hier und die Regierung von Katar haben diesen Sieg verdient", sagte der spanische Startrainer Valero Rivera dem SID: "Wir sind jetzt unter den besten acht Teams der Welt. Das ist fantastisch." Es sei ein "Geschenk", in Katar zu arbeiten.
Auch die einheimischen Medien zelebrierten den Erfolg ihres Retortenteams. "Wunderbares Katar schreibt Geschichte", titelte etwa die Tageszeitung "The Peninsula". Die Mannschaft Riveras, in der gerade einmal vier gebürtige Katarer spielen, schaffte als erstes asiatisches Team nach Südkorea den Einzug in die Runde der letzten Acht - und dort soll noch lange nicht Schluss sein.
"Der erste Traum ist wahr geworden. Jetzt müssen wir weitermachen", so Rivera. Und Top-Torschütze Zarko Markovic versprach: "Wir können noch mehr."