Rumpelstilzchen gegen Leisetreter, aufgedrehter Heißmacher gegen ruhigen Beobachter: Das 101. Nordderby am Sonntag (15.30 Uhr im LIVE-TICKER) zwischen dem Hamburger SV und Werder Bremen ist auch das Duell der beiden Neu-Trainer Joe Zinnbauer gegen Viktor Skripnik. Die beiden Hoffnungsträger der kriselnden Traditionsklubs könnten aber unterschiedlicher nicht sein.
"Für mich scheint es so, als würde er in sich ruhen. Er wirkt sehr ausgeglichen, konzentriert und bedacht", sagte HSV-Coach Zinnbauer der "Kreiszeitung Syke" über seinen Kontrahenten. Skripnik, das Werder Urgestein, kommt ein wenig wie die Reinkarnation seines Lehrmeisters Thomas Schaaf daher. Der Ukrainer gilt als Leisetreter, sachlich und grüblerisch.
"Sprüche zu machen, ist nicht mein Ding. Ich bin ein ruhiger Typ", sagte Skripnik am Freitag. Das Werder-Training verfolgt der 45-Jährige meist wortlos und mit ausdrucksloser Miene. Nur wenn ihm etwas überhaupt nicht passt, wird Skripnik richtig laut. Ganz anders Zinnbauer. Ruhig sei er "nicht unbedingt", sagte der 44-Jährige vor dem richtungweisenden Spiel gegen den Klub aus der aus Hamburger Sicht verbotenen Stadt: "Ich kann nicht stillsitzen."
Zinnbauer gefällt sich hingegen in der Rolle des Heißmachers, es ist seine Waffe, um die oft lethargischen HSV-Profis wachzurütteln und ihnen die mehr als ernste Lage des Dinos zu verdeutlichen. Denn die Hamburger dümpeln auch nach der Entlassung von Mirko Slomka weiter als Tabellen-17. durch die Liga. Kümmerliche vier Törchen hat der Bundesliga-Dino nach elf Spielen auf dem Konto - so schlecht war zu diesem Zeitpunkt zuletzt Eintracht Frankfurt in der Saison 1970/71.
Der gefühlte Aufschwung unter Zinnbauer hält sich in Grenzen: Der Ex-Profi holte aus acht Spielen lediglich acht Punkte. Doch von Schwarzmalerei hält Zinnbauer nichts. "Manchmal reicht ja auch ein Tor für drei Punkte", sagte er über die Offensiv-Schwäche seiner Mannschaft. Mit einem Sieg würde der HSV an Werder vorbeiziehen.
Kurios: Das Duell HSV gegen Werder und Zinnbauer gegen Skripnik gab es in dieser Saison schon einmal - in der vierten Liga. Am 5. September gewann die U23 des HSV das Regionalliga-Derby bei Werder 4:2. An der Linie standen Skripnik und Zinnbauer, bevor sie später dann zu Cheftrainern befördert wurden. "Im Sommer trafen zwei ganz andere Mannschaften aufeinander, da standen nur zufällig die selben Trainer an der Seitenlinie", sagte Zinnbauer, der der "Generalprobe" aber keinen Wert beimessen will.
Schließlich sind die Voraussetzungen jetzt ganz andere und Skripnik weiß noch gar nicht, wie sich eine Niederlage bei den Profis anfühlt. Seine makellose Bilanz: Drei Spiele, drei Siege. Kein Wunder, dass er gelassen in die Partie geht. "Das Spiel ist wie ein Feiertag für mich", sagte er: "Wir geben Gas ohne Ende, leben aber nicht nur für dieses Spiel. Die wirklichen Entscheidungen fallen später."