Der "Krieg der Sterne" ist in Spa endgültig eskaliert: WM-Spitzenreiter Nico Rosberg schlitzte bei einem unnötigen Überholmanöver Lewis Hamilton den Hinterreifen auf und zerstörte damit das Rennen seines größten Konkurrenten um den Titel. Den Crash der beiden Mercedes-Piloten nutzte Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo zu seinem dritten Saisonsieg und triumphierte beim Großen Preis von Belgien vor Rosberg und dem Finnen Valtteri Bottas im Williams.
Hamilton fuhr nach einer frustrierenden und wenig erfolgreichen Aufholjagd seinen Silberpfeil fünf Runden vor Schluss freiwillig in die Box und liegt im Gesamtklassement mit 191 Punkten jetzt 29 Zähler hinter Rosberg (220).
Weltmeister Sebastian Vettel, der von Startplatz drei aus ins Rennen gegangen war, sicherte sich nach großem Kampf in der Schlussphase Rang fünf. Keine Punkte gab es dagegen für Force-India-Pilot Nico Hülkenberg und Adrian Sutil im Sauber auf den Rängen elf und 14.
Der Engländer schleuderte nach dem Rennen heftige Vorwürfe in Richtung Rosberg: "Er hat grundsätzlich zugegeben, es mit Absicht getan zu haben. Er hat gesagt, dass er den Unfall hätte vermeiden können. Er hat gesagt, er hat es getan, um etwas zu beweisen", so Hamilton nach einem Teammeeting: "Ich weiß nicht, was er beweisen wollte. Er ist da gerade reingekommen und hat gesagt: 'Es ist alles meine Schuld'."
Rosberg selbst wollte die internen Gespräche nicht kommentieren und blieb bei seiner Darstellung: "Ich sehe es, wie es die Stewards entschieden haben: als Rennunfall. Ich war zu dem Zeitpunkt schneller, es war eine Gelegenheit. Deshalb habe ich es versucht", so der 29-Jährige, der zerknirscht zugeben musste: "Heute war ein schlechter Tag für das Team."
Kritik an Rosberg-Manöver
Eine klare Meinung hatte dagegen Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff: "Nico ist stark gefahren, aber das Manöver war einfach Harakiri." Der Österreicher wusste auch schon, was das Team nun erwartet: "Das ist natürlich ein medialer Leckerbissen. Es werden im Team auch viele Diskussionen kommen, aber jetzt müssen wir stark sein. Wir werden mit Sicherheit nicht herumeiern."
Noch ein bisschen deutlicher wurde Niki Lauda. "Das ist ganz einfach: Es ist für mich inakzeptabel, dass Nico Lewis in der zweiten Runde trifft", sagte der Aufsichtsratsvorsitzende.
"Das ist wirklich enttäuschend. Wir hätten ganz einfach einen Doppelsieg holen können", sagte Hamilton, der die entscheidende Kurve "ganz normal genommen habe. Ich weiß nicht, warum mich Nico getroffen hat."
Keine Stallorder bei Mercedes
"Bleibt das Wetter gleich, fahren beide die gleiche Strategie. Es wird jetzt nichts mehr gesagt", hatte Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzender Niki Lauda vor dem Rennen bei "Sky" jegliche Stallorder ausgeschlossen - mit dem Ergebnis, dass es zum ersten Mal zwischen den beiden Teamkollegen krachte. Keine 24 Stunden zuvor hatte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff ausführlich erläutert, wie die Silberpfeile genau so eine Situation unter allen Umständen verhindern wollten.
Helmut Marko, Motorsportberater von Red Bull, hatte dagegen orakelt, wie es möglich wäre, Mercedes zu schlagen: "Die müssen sich gegenseitig wie wild bekämpfen und nach Möglichkeit ins Auto fahren."
Lotterer scheidet aus
Rosberg erwischte einen denkbar schlechten Start und musste nicht nur Hamilton, sondern auch Vettel passieren lassen. Der Weltmeister startete sogleich einen Angriff auf den Engländer, verbremste sich aber und rutschte auf Rang drei zurück.Wenig später war das Rennen für Debütant André Lotterer frühzeitig beendet. Der Duisburger musste seinen Caterham abstellen. "Leider ist irgendwie der Motor ausgegangen, ich bin nicht mal ins Schwitzen gekommen", sagte Lotterer bei "Sky": "Beim Start habe ich alles richtig gemacht und sogar ein paar Plätze gutgemacht, da habe ich mich schon auf das Rennen gefreut und war dabei, meinen Rhythmus zu finden."
Rosberg trifft Hamilton
An der Spitze spielte sich ein ganz anderes Drama ab. Bei einem halbherzigen Überholversuch von Rosberg schlitzte sich der auf der Ideallinie fahrende Hamilton seinen Hinterreifen an Rosbergs Frontflügel auf, der ebenfalls beschädigt wurde. "Nico hat mich getroffen", schimpfte Hamilton über Funk und schlich auf drei intakten Reifen Richtung Box.
Rosberg verteidigte seine Führung bis zum ersten Boxenstopp, der aber wegen des Wechsels des Frontflügels entsprechend länger dauerte als bei der Konkurrenz und ihn hinter die Red Bulls zurückfallen ließ. Nach einem Fehler von Vettel setzte sich Ricciardo an die Spitze und baute seine Führung zur Mitte des Rennens kontinuierlich aus.
Mercedes mit Problemen
Bei Rosberg setzte sich die Pannenserie derweil munter fort. Erst verhedderte sich ein Seil in seiner Antenne und behinderte die Sicht des 29-Jährigen, dann verbremste er sich bei einem Überholmanöver gegen Vettel und musste frühzeitig zum zweiten Reifenwechsel.
Bei seiner wilden Aufholjagd zog Rosberg zunächst neben der Strecke an Ex-Weltmeister Jenson Button vorbei, ließ sich anschließend wieder hinter diesen zurückfallen und überholte dann erneut - diesmal regelkonform. Ironischer Kommentar über Funk: "Fragt Charlie (Whiting, Renndirektor, d. Red.), ob dieses Manöver jetzt okay war..."
Weitere Probleme gab es anschließend aber keine mehr bei Rosbergs Jagd auf Ricciardo, nach seinem dritten Boxenstopp holte der Wiesbadener mit großen Schritten auf - letztlich reichte es nicht ganz. Hamilton dagegen bat über Funk, den Wagen abstellen zu dürfen, um den Motor zu schonen. Wenig später erfüllte ihm der Kommandostand diesen Wunsch.