Das Ergebnis war am Ende zweitrangig. Bundestrainer Pat Cortina hatte von seiner stark verjüngten Mannschaft mit sechs Neulingen beim 3:4 nach Penaltyschießen gegen Frankreich eine "gute Leistung" mit "toller Moral und Einstellung" gesehen. Vor allem mit Leon Draisaitl, dem prominentesten seiner sechs Debütanten, war der Italo-Kanadier zufrieden: "Der Junge hat richtig gut gespielt. Es macht Spaß, ihm zuzuschauen. Und man darf nicht vergessen, dass er erst 18 Jahre ist. Ich kann nur sagen: Bravo, weiter so!"
In Cortinas kanadischer Heimat wird Draisaitl bereits als "deutscher Gretzky" gefeiert. Der Vergleich mit dem besten Eishockeyspieler der Geschichte mag anmaßend - und für Draisaitl auch undankbar - erscheinen, er ist aber angesichts von 163 Scorerpunkten aus 128 Spielen für die Prince Albert Raiders in der Top-Juniorenliga WHL auch nicht an den Haaren herbeigezogen.
Die Scouts aus der weltbesten Hockeyliga NHL erwarten den gebürtigen Kölner für den Entry Draft am 27. und 28. Juni in Philadelphia derzeit als vierten Pick - so hoch wurde bislang noch kein Deutscher gehandelt. Regelmäßige Kräftemessen mit Superstars wie Sidney Crosby und Alexander Owetschkin dürften schon zur kommenden Saison für Draisaitl Realität werden.
Chancen auf WM-Teilnahme
Kontakte bestehen bereits, wie der 18-Jährige spox.com verriet: "Ich habe bisher etwa mit zehn Teams gesprochen. Das ist aber meist eher so ein Abtasten, man will sich kennenlernen, und es kommt öfter vor, dass Scouts nach den Spielen kurz mit dir sprechen oder dich auch einmal zum Essen einladen."Über den "Umweg" einer starken WM-Vorstellung gegen Top-Eishockeynationen wie Russland, Finnland und die USA könnte Draisaitl in der Gunst der NHL-Scouts sogar noch einmal steigen. Dass er auf einem guten Weg in den Kader für Minsk ist, gab Cortina jedenfalls nach dem starken Debüt des Stürmers unumwunden zu: "Wenn Leon weiterhin solche Leistungen zeigt, dann hat er definitiv eine Chance auf die WM-Teilnahme."
Freitag erneute Chance gegen Frankreich
Mit seiner ersten Vorlage im Nationaldress zum zwischenzeitlichen 2:1 gegen die Équipe Tricolore durch Benedikt Brückner nach 25:13 Minuten sowie vielen starken Aktionen machte Draisaitl vor 3083 Zuschauern im ausverkauften "Fuchsbau" in Abwesenheit aller deutschen NHL- und vieler DEL-Stars auf sich aufmerksam.Dabei sah der Hochgelobte selbst sein Debüt durchaus kritisch: "Am Anfang war ich natürlich ein wenig nervös, da es mein erstes Länderspiel war. Im Laufe der Partie bin ich ganz gut reingekommen und habe mich relativ gut gefühlt. Fürs erste Spiel war ich recht zufrieden, habe aber noch Luft nach oben. Das Tempo ist schon etwas ganz anderes."
Seine WM-Chancen schätzt der Himmelstürmer und Sohn des 146-maligen Nationalspielers Peter Draisaitl äußerst demütig ein: "Ich lasse das auf mich zukommen. Ich weiß noch nicht, ob ich dabei sein werde oder nicht. Das entscheidet der Trainer." Bereits am Freitagabend testete Deutschland zum zweiten Mal gegen die Franzosen, dieses Mal in Crimmitschau. Für Draisaitl die nächste Chance, dem Trainer die Entscheidung zu abzunehmen.