Ein "BVB II" in der Bundesliga? Ein Sammelbecken für in Dortmund gescheiterte Fußballer? Die Statistik spricht auf den ersten Blick klar dafür. Beeindruckende 395-mal haben die sechs ehemaligen BVB-Profis im Kader des SC Paderborn für Borussia Dortmund gespielt, jedoch waren davon ganze 11 Spiele in der Bundesliga, nur zwei im DFB-Pokal - aber 382 (!) für die zweite Mannschaft.
Michael Born sieht das allerdings ganz anders. "Von Filiale kann keine Rede sein, davon möchte ich nicht sprechen", sagte der Geschäftsführer des SCP dem SID vor dem großen "Klassentreffen" am Samstagnachmittag (15.30 Uhr im LIVE-TICKER), "doch für diese Spieler ist das Duell natürlich etwas ganz Besonderes."
Tatsächlich haben sich Uwe Hünemeier, Marvin Ducksch, Mahir Saglik, Marvin Bakalorz, Lukas Kruse und Mario Vrancic beim BVB nicht oder im Falle der Leihgabe Ducksch zumindest noch nicht durchgesetzt - "in die Bundesliga haben sie es aber dennoch alle geschafft", sagt Born nicht ohne Stolz. Eben über den Umweg Paderborn, der keineswegs ein Irrweg gewesen ist.
Kurze Entfernung erleichtert das "Wildern"
Born räumt denn auch ein, dass sich der SCP "aufgrund der Entfernung ganz genau" in der Drittliga-Mannschaft des BVB umsieht. Fünf von sechs "Ehemaligen" der Borussia hat er selbst verpflichtet, "nur Lukas Kruse war schon da", als Born nach Paderborn kam. "Aber System", versichert der Geschäftsführer, "steckt bei uns nicht dahinter."Kurioserweise kommt es nun zu einer Konstellation, in der die Ex-Dortmunder der Paderborner tabellarisch vor dem großen BVB liegen - immerhin fünf Punkte und sechs Plätze. "Hätten wir uns den Saisonstart malen dürfen, hätte er genau so ausgesehen", sagt Born, fügt aber bescheiden an, das sei selbstverständlich eine Momentaufnahme: "Wir haben früher im Traum nicht daran gedacht, dass der BVB mal zu einem Bundesligaspiel zu uns kommen würde."
Klopp: "Gipfel des Understatements"
Diese Bescheidenheit hat Jürgen Klopp am Donnerstag als "Gipfel des Understatements" bezeichnet, eingebettet in viele warme Worte. "Wenn ein Trainer, der den internationalen Fußball so geprägt hat, uns lobt, ist das großartig. Ich habe ihn vor einigen Wochen beim Spiel der Amateure getroffen, da hat er uns auch schon Lobeshymnen erteilt", berichtet Born. Was Klopp gesagt hat? "Das möchte ich für mich behalten."Er wird wohl gesagt haben, was offensichtlich ist: Aus wenig viel zu machen, ist seit Jahren eine Paderborner Kunstform. Vor lauter Sympathie für seine früheren Spieler Punkte gnädig liegen zu lassen, kommt für Klopp in der BVB-Krise aber nicht infrage. "Wir begrüßen die Jungs freundlich, verabschieden uns freundlich, aber zwischendurch geben wir Vollgas", kündigte er an.
Hünemeier, der 150-mal für den BVB II aufgelaufen ist und es auf fünf Bundesliga-Einsätze in schwarz-gelb brachte, droht das Duell zu verpassen. Den Verteidiger quält eine Bauchmuskelzerrung, die er zu gerne ignorieren würde: "Für mich ist das ganz klar das Spiel des Jahres." Für mindestens fünf seiner Mitspieler auch.