Wenn am Samstag vor dem Spiel des FC Bayern gegen Hertha BSC das Mädchen Marina aus Raisdorf bei Kiel an der Hand ihres Lieblingsspielers Robert Lewandowski den Rasen der Allianz Arena in München betritt, macht das auf den ersten Blick keinen Unterschied zum gewohnten Bild vom Einlaufkind. Und doch hat diese Szene eine bewegende Bedeutung: Weil die Zuschauer neben Marina noch zwölf andere Kids sehen, die wie die Zwölfjährige längst tot wären, hätte ihnen nicht ein geschenktes Herz, eine Leber oder eine Niere das Leben gerettet.
Solche Kinder und ihre Familien werden seit 2004 von der Kinderhilfe Organtransplantation (KiO) unterstützt. Für diesen gemeinnützigen und mildtätigen Hilfeverein hat der FC Bayern vor einem Jahr eine offizielle Patenschaft übernommen. "Der FC Bayern kann nicht alle Probleme lösen, aber wir helfen, wo wir können", betonte Klub-Chef Karl-Heinz Rummenigge am Donnerstag, "und wenn Du so Geschichten von kleinen Kindern hörst, kriegst Du Gänsehaut. Da wird dir bewusst, welche Verantwortung du hast."
Neben dem eventuell meisterschaftsentscheidenden Sieg des FC Bayern soll deshalb am "Kio-Tag" vor allem das Leben gefeiert werden. KiO - drei Buchstaben, die auf dem weißen Trikot der elf Einlaufkinder stehen, daneben das Wappen des FC Bayern, offizieller Partner dieses Hilfswerks. Zum Spiel gegen Berlin liegen auf den 75.000 Stadionplätzen Informations-Flyer und FCB/KiO-Organspendeausweise, ein Spot fordert die Fans zur Mithilfe auf, an Infoständen geben Betroffene Auskunft, Kinder lassen Luftballons steigen - darauf ihre Botschaft: "Wir leben!"
Wie Marina, die längst tot wäre ohne ihre Spender-Leber, warten in Deutschland Hunderte Kinder auf Rettung. In den vergangenen 18 Jahren wurden etwa 5000 Transplantationen bei Kindern und Jugendlichen durchgeführt. Dazu unterstützt die 2004 gegründete "KiO" Familien, in denen der Überlebenskampf der Kinder seelisch und finanziell außerhalb der medizinischen Betreuung noch Spuren hinterlassen hat. Hier hilft "KiO" mit psycho-sozialen Programmen, die den Kleinen nach langem Leiden Selbstvertrauen zurückgeben sollen.
"Der KiO-Tag im Stadion ist eine große Chance, um auf dieses Thema aufmerksam zu machen", sagt Paul Breitner, Weltmeister von 1974 und Repräsentant des FC Bayern, und er ergänzt: "Die Bereitschaft, ein Organ zu spenden, ist für mich der Inbegriff von Solidarität und Hilfsbereitschaft - und dafür steht dieser Verein." Breitner zieht einen Organspendeausweis aus der Tasche, seinen, er hat ihn 1982 ausgefüllt, hinten drauf steht noch die alte Anschrift von Uli Hoeneß: Ihn hat Breitner damals neben seiner Frau als zu benachrichtigende Person angegeben.
Initiator der Patenschaft und Gründer des Hilfswerks ist Hans Wilhelm Gäb, früher Tischtennis-Nationalspieler und langjähriger DTTB-Präsident. Er selbst verdankt sein Leben einer gespendeten Leber. Gäbs Idee bestand darin, erfolgreiche Menschen als Vorbilder zu gewinnen. Seinem Aufruf folgten unter anderen Franz Beckenbauer, Franziska van Almsick, Rosi Mittermaier oder Maria Höfl-Riesch. Dass es nun einen "KiO-Tag" in München gibt, macht ihn stolz: "Ich wusste, der FC Bayern ist nicht nur auf Siege aus, sondern hat auch ein Herz."