Jose Mourinhos dunkle Augen blitzten gefährlich auf. Nach der einzigen Frage eines verrückten TV-Interviews presste er seine Lippen so fest aufeinander, dass sie nur noch weiße Striche waren - dann gab er dem Sky-Reporter Greg Whelan eine denkwürdige Antwort. Sie dauerte sieben Minuten und fünf Sekunden und umfasste Fragen an sich selbst, knallharte Schiedsrichter-Kritik, Angriffe gegen den nationalen Verband FA sowie das Angebot an den FC Chelsea, ihn zu entlassen. Sein "gewaltiger Ausbruch" (The Sun) drängte am 8. Spieltag der Premier League sogar die fünf Tore von Sergio Agüero für Manchester City an den Rand.
"Erstens: Ich laufe nicht weg. Zweitens: Wenn der Verein mich entlassen will, muss er mich feuern. Feuert mich doch!", sagte Mourinho und ließ sogleich eine Warnung an den Klub-Besitzer Roman Abramowitsch folgen: "Dies ist ein entscheidender Moment in der Geschichte des Vereins: Wenn sie mich entlassen, feuern sie den besten Teammanager, den Chelsea je hatte."
Das blamable 1:3 (1:1) des Titelverteidigers gegen den FC Southampton, Ursache des Sturzes auf den 16. Tabellenplatz, hatte Mourinho tief getroffen. Er wirkt derzeit ohnehin um Jahre gealtert, immer noch drucken die Zeitungen täglich bitterböse Kommentare über seinen fragwürdigen Umgang mit der Mannschaftsärztin Eva Carneiro.
Aber Rücktritt? Im Selbstverständnis eines José Mourinho hat dieser Gedanke keinen Platz: "Ich werde nicht gehen. Warum? Weil ich Stolz besitze und Chelsea liebe."
Schuldige für die Misere des Titelverteidigers fand er - wie üblich - im Lager seiner Lieblingsfeinde. "Die Schiedsrichter", sagte Mourinho und legte nach jedem Wort eine Kunstpause ein, "haben Angst, Entscheidungen für Chelsea zu treffen." Und noch einmal: "Sie ... haben ... Angst."
"Das ist mir egal"
Auch der Verband bekam eine Breitseite ab. "Der FA sage ich: Wenn sie mich bestrafen wollen, müssen sie das tun! Das ist mir egal. Andere bestrafen sie nicht, aber mich", sagte er süffisant. "Immer trifft es uns. Wieder und wieder und wieder und wieder."Diese Verschwörungstheorie sponn er noch weiter. "Wenn du oben bist, dann will dich jeder unten sehen. Jetzt sind wir unten, und ich sage: Gebt uns eine Pause. Dies sind die schlimmsten Tage meiner Karriere."
Ein Ziel erreichte der Portugiese damit immerhin sofort: Über den miserablen Auftritt seiner Mannschaft redete niemand mehr. Und José Mourinho beherrschte die Fußball-Schlagzeilen, die sonst wohl Sergio Agüero allein gehört hätten.
"5ergio", wie ihn die Sonntagszeitungen in England übereinstimmend nannten, traf für ManCity gegen Newcastle United beim 6:1 fünfmal in 20 Minuten. Er erinnerte damit enorm an Robert Lewandowski - der Star des FC Bayern war mit seinen neun Minuten gegen den VfL Wolfsburg (5:1) vor zwei Wochen allerdings mehr als doppelt so schnell gewesen.