Im EM-Quartier des Weltmeisters in Evian herrschte Ausnahmezustand. Vor allen TV-Geräten und Leinwänden der weitläufigen Luxusherberge oberhalb des Genfer Sees verfolgten Bundestrainer Joachim Löw und seine Spieler am Montagabend den beindruckenden Viertelfinaleinzug von Angstgegner Italien, der Titelverteidiger Spanien 2:0 (1:0) ausschaltete.
Löw sieht im Viertelfinale gegen die Azzurri am Samstag (21 Uhr im LIVETICKER) in Bordeaux das Duell der "beiden bislang besten Mannschaften" der EM, Kopfschmerzen bereite ihm der Angstgegner aber nicht. Von der Leistung der Italiener gegen Spanien zeigte sich der 56-Jährige schon beeindruckt. "Es ist schon imponierend, wie Italien spielt", sagte er zu dfb.tv.
Dennoch zeigte Löw sich optimistisch. "Ich glaube, Deutschland hat bei Turnieren immer gegen Italien verloren. Jetzt haben wir die Chance, das mal umzudrehen", sagte er: "Ich freue mich drauf." Allerdings hat das DFB-Team nicht alle acht Turnierspiele gegen die Squadra Azzurra verloren. Es hat lediglich nur noch keines gewonnen.
Italien verstehe es, die Räume eng zu machen und sei sehr zweikampfstark, so Löw. Darüber hinaus besitze Italien "auch tolle Offensivspieler, die schnelle Konter fahren. Sie spielen auch klasse nach vorne, wir haben bisher in der Defensive überzeugt und vorne jetzt auch: Ich erwarte also ein heiß umkämpftes, interessantes, intensives Spiel."
Khedira von der Leistung Italiens beeindruckt
Respekt vor Italien äußerte kurz nach dem Schlusspfiff auch Italien-Legionär Sami Khedira von Meister Juventus Turin via Twitter: "Herzlichen Glückwunsch. Was für eine Vorstellung. Wir sehen uns im Viertelfinale."
DFB-Präsident Reinhard Grindel hatte sich die Squadra Azzurra als Gegner gewünscht: "Wir haben vor allem wegen 2006 und 2012 mit Italien noch eine Rechnung offen. Es ist an der Zeit, sie auch mal bei einem großen Turnier zu schlagen." Im Achtelfinale habe Deutschland gezeigt, dass es jeden Gegner schlagen könne.
Nach dem 3:0 (2:0) gegen die Slowaken war das DFB-Team gebührend bei seiner Rückkehr nach Evian empfangen worden. Das Hotel-Personal zelebrierte weit nach Mitternacht die La Ola, als wäre das große Ziel schon erreicht. Sogar der Eiffelturm leuchtete einige Stunden schwarz-rot-gold. Kein Wunder, dass der Weltmeister vor Selbstvertrauen strotzte.
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"Wir fürchten uns vor keinem", sagte der einmal mehr überragende Abwehrboss und Torschütze Jerome Boateng bestimmt. Löw betonte aber, Italien sei aber "ein anderes Kaliber als unsere bisherigen Gegner". Der Bundestrainer, gönnte seinen Spielern am Dienstag zunächst mal einen freien Dienstag: "Wir müssen topfit und frisch sein. Die Mannschaft soll am freien Tag die Akkus noch einmal aufladen."
Um anschließend auch das nächste Etappenziel der Tour de France zu meistern, sei "eine weitere Steigerung" vonnöten, sagte Löw, seine Mannschaft sei "noch lange nicht" am Limit: "Wir müssen noch stärker werden, wenn wir das Turnier gewinnen wollen."
"Jetzt kommen Mannschaften mit viel mehr Potenzial"
Nach dem holprigen Start registrierte der 56-Jährige aber erfreut, dass seine Mannschaft gegen die Slowaken weiter Fahrt aufgenommen hat und ihren Ruf als Turniermannschaft zu bestätigen scheint: "Es war ein ungefährdeter Sieg."
Dass seine Mannschaft auch im vierten EM-Spiel ohne Gegentor blieb, freute den Bundestrainer zwar, aber er mahnte: "Jetzt kommen Mannschaften mit viel mehr Potenzial und Qualität in der Offensive."
Das weiß auch Boateng: "Italien ist taktisch überragend", sagte der 27-Jährige, der nach seiner Wadenblessur aus dem Nordirland-Spiel erneut groß aufspielte. Auch Mario Gomez, der den "Matchkampf" im Sturmzentrum gegen die falsche Neun Mario Götze zumindest bei der EM für sich entschieden haben dürfte, blickte nach vorn - bis zum Finaltag 10. Juli, seinem 31. Geburtstag: "Unser Ziel ist der Titel, deshalb müssen wir jeden Gegner schlagen."
Dazu beitragen will auch . Kapitän Bastian Schweinsteiger, der sich nach seinem dritten Kurzeinsatz selbst ins Gespräch brachte: "Ich würde mir schon zutrauen, von Anfang an zu spielen. Ich fühle mich gut."