Zweite Ligen hatten für den Serie A-Kolumnisten bisher den abtörnenden Charme von Hartz IV-TV. Doch ein italienischer Kioskbesitzer überzeugte ihn. Schließlich schaut sogar Sir Alex Ferguson die Serie B. Und schon Rudi Carrell wusste: "Kinder und Tiere ziehen immer."
Eigentlich lautet meine Lebensphilosophie "Es muss nicht immer Kaviar sein". Daihatsu statt Benz, günstiger Androide statt Iphone... Nur beim Fußball verspürte ich immer Abneigung gegen Zweitklassigkeit. Bayern München, Borussia Dortmund, Schalke 04, Werder Bremen und (noch) der HSV - freiwillig und immer wieder gerne. Aber Cottbus, Paderborn, Aue oder Sandhausen? Da hat ja "Frauentausch" auf RTL2 mehr Sexappeal. Das galt übrigens auch beim italienischen Fußball.
Die Serie A mit Inter Mailand, AC Mailand, Juventus Turin, SSC Neapel, AS Rom und Lazio verfolge ich ausgiebig. Für die Serie B dagegen galt bisher wie für die 2. Bundesliga: Überblick verschaffen, wissen, wer wo, warum steht ja, tiefer eintauchen lieber nicht. Und schon gar nicht dort nach einem Thema für die Fuorigioco-Kolumne suchen...
Ein großer Fehler, wie ich jetzt im Italienurlaub dank eines Kioskbesitzers lernte. Giacomo schien sich schon über den deutschen Touristen gewundert zu haben, der täglich einen Stapel italienischer Sportzeitungen kaufte. Nach einigen Tagen fragte er mal vorsichtig nach und verwickelte mich in eine Gespräch.
"Sogar Sir Alex Ferguson schaut die Serie B"
"Ah, Sportjournalist und du schreibst über italienischen Fußball. Lieblingsmannschaft?" "Inter", antwortete ich, offenbar sehr zu seiner Freude, die aber schnell blankem Entsetzen wich. Denn als er auch über die Serie B quatschen wollte, guckte ich im ersten Moment wohl in etwa wie am ersten Tag, als er mir die Bild-Zeitung hatte aufschwatzen wollen: entsetzt und angewidert. "Für die Serie B interessieren sich die deutschen Leser nicht", antwortete ich schnell diplomatisch. "Daher beschäftige ich mich damit auch nicht so intensiv."
Giacomo quittierte es mit heftigem Stirnrunzeln und empfahl mir, mich mal mit Sassuolo Calcio zu beschäftigen. "Den Club verfolgt sogar Sir Alex Ferguson". Sprachs, blätterte kurz und hielt mir dann den entsprechenden Artikel aus einer der soeben erstandenen Zeitungen unter die Nase. "Sassuolo: Manchester United auf den Spuren von Berardi" stand dort in dicken Lettern. Okay, nun war mein Interesse geweckt.
Was hat Sassuolo, diese nicht unbedingt hübsche Industriestadt nahe Modena mit seinen knapp 40.000 Einwohnern denn fußballerisch so zu bieten? Zunächst mal den Tabellenführer der Serie B mit vier klaren Siegen nach vier Spielen. Und dann bieten Sassuolo Spieler Domenico Berardi und Leonardo Pavoletti auch noch Stoff für interessante Geschichten, die Rudi Carrells goldener Showbiz-Regel "Kinder und Tiere gehen immer" folgen.