Von der schallenden "Backpfeife" wollte sich Andrea Petkovic nicht umhauen lassen. Nur eine halbe Stunde nach der Erstrunden-Pleite bei den Australian Open in Melbourne analysierte die Darmstädterin völlig gefasst ihren K.o. - und war dabei alles andere als frustriert.
"Natürlich ist es ein bisschen blöd gelaufen. Aber ich bin auf einem richtig guten Weg. Ich spüre, dass ich alles in mir habe", sagte Petkovic nach dem 5:7, 4:6 gegen die Weltranglisten-109. Elisaweta Kulitschkowa aus Russland. Was zunächst wenig einleuchtend erschien, versuchte die 28-Jährige mit drastischeren Worten zu verdeutlichen: "Das war eine Backpfeife, die ich auf dem Weg zurück einfach hinnehmen muss", meinte die an Position 22 gesetzte Petkovic.
Nach einer durchwachsenen Saison 2015 und depressiven Verstimmungen setzt sie auf dem Weg zurück Richtung Top 15 auf die Politik der kleinen Schritte. Und auf ihren neuen Coach Jan de Witt, mit dem sie seit Dezember zusammenarbeitet: "Es läuft super, im Training habe ich schon richtig gut gespielt." Es brauche jetzt eben seine Zeit, um die Fortschritte ins Match zu transportieren. Rückschläge, auch wenn sie so schmerzhaft sind wie in Melbourne, nimmt sie dafür in Kauf.
Positiv bewertete Petkovic, die im vergangenen Jahr auf dem Court oftmals in Tränen ausgebrochen war, ihre mentale Verfassung. "Ich war auf dem Platz sehr emotionsfrei. Es hat rumort, aber ich hatte keine Wut und war viel distanzierter als früher", berichtete die Fed-Cup-Spielerin: "Vom Kopf her war ich ziemlich stabil."
Fans unterstützen Petko
Das konnte sie von ihrem Spiel nicht behaupten: Mit vier Fehlern in Folge besiegelte sie den Verlust des Auftaktdurchgangs und haderte mit sich selbst. Petkovic agierte gegen Kulitschkowa viel zu passiv und leistete sich insgesamt 25 unerzwungene Fehler. Auch die "Petko"-Sprechchöre der deutschen Fans auf dem schnellen Außenplatz 6 halfen nicht.
Zumindest Anna-Lena Friedsam (Neuwied) und Qualifikant Daniel Brands (Deggendorf) zogen am ersten Turniertag in die zweite Runde ein. Philipp Kohlschreiber indes schied zum ersten Mal in seiner Karriere in der Auftaktrunde der Australian Open aus. Beim 4:6, 3:6, 3:6 gegen den ehemaligen US-Open-Finalisten Kei Nishikori (Japan/Nr. 7) stand der 32-Jährige aus Augsburg auf verlorenem Posten. "Er hat mich paniert", gab Kohlschreiber anschließend zu.
Die Weltranglisten-82. Friedsam steht nach dem 7:6 (7:3), 2:6, 6:1 gegen Lourdes Dominguez Lino zum dritten Mal in der zweiten Runde eines Grand-Slam-Turniers. Nächste Gegnerin der 21-Jährigen ist die Qualifikantin Wang Qiang (China).
Qualifikant Brands gelang beim 6:4, 7:6 (7:1), 4:6, 6:1 gegen Victor Estrella Burgos aus der Dominikanischen Republik eine kleine Überraschung. Der Weltranglisten-151. überstand erstmals seit Wimbledon 2013 wieder die Auftaktrunde eines Majors. "Das tut richtig gut, aber das Turnier ist noch nicht beendet. Wenn ich mein bestes Tennis spiele, bin ich ein unangenehmer Gegner", sagte Brands, der nun auf Guillermo Garcia-Lopez (Spanien/Nr. 25) trifft.
Am Dienstag bestreiten elf weitere deutsche Profis ihre Auftaktmatches - unter anderem auch die an Position sieben gesetzte Angelique Kerber. Die Kielerin hofft auf einen ähnlich souveränen Start wie die Top-Stars Novak Djokovic (Serbien), Roger Federer (Schweiz) und Serena Williams (USA).
Überschattet wurde der erste Turniertag in Melbourne von einem Manipulations-Verdacht. In den vergangenen zehn Jahren sollen insgesamt 16 Spieler aus den Top 50 - darunter auch Grand-Slam-Sieger - in Match-Verschiebungen involviert gewesen sein. Namen wurden allerdings nicht genannt.