Claudia Pechstein war nicht aufzufinden. Nachdem die fünfmalige Olympiasiegerin bei den deutschen Eisschnelllauf-Meisterschaften in Inzell überraschend ihren Titel über 3000 m an Bente Kraus verloren hatte, standen alle für die Siegerehrung parat - nur die 44-Jährige nicht. Minuten vergingen, ehe Pechstein in den Innenraum zurückkehrte und die Zeremonie nach mehreren Aufrufen über den Stadionlautsprecher mit reichlich Verspätung beginnen konnte.
Pechsteins Fehlen sorgte für Irritation bei den Verantwortlichen der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG), Pechstein selbst wehrte sich vehement gegen Darstellungen, sie habe nach ihrer ersten Niederlage gegen Kraus in ihrer langen Karriere keine Lust auf die Zeremonie gehabt. Dass DESG-Vizepräsident Hubert Graf Pechstein überzeugen musste, sich auf den Weg zum Podest zu machen, wies sie zurück. Einen entsprechenden SID-Bericht bezeichnete sie als "blanke, böswillige Verleumdung und Unwahrheit" sowie als "Denunziation" und "vorsätzliche, böswillige Verbreitung von Lügen".
Zugleich kündigte Pechstein rechtliche Schritte an. Graf sei am Samstag zu keinem Zeitpunkt in ihrer Umkleidekabine gewesen. Graf berichtete nach dem Rennen jedoch, Pechstein sei in der Umkleidekabine von ihrem Trainer Peter Mueller getröstet worden. Gründe für ihr verspätetes Erscheinen nannte Pechstein in ihrer vehementen Facebook-Reaktion nicht.
Im Rennen hatte Pechstein im direkten Duell völlig unerwartet das Nachsehen gehabt. In 4:07,84 Minuten lag sie hinter Kraus, die in 4:07,06 Minuten gestoppt wurde. Kraus, die vom Start an geführt hatte, profitierte merklich vom intensivierten Trainingsprogramm des deutschen Chefcoaches Jan van Veen. Dritte wurde die Erfurterin Stephanie Beckert in 4:12,11 Minuten.
Am Sonntag revanchierte sich Pechstein für die Niederlage und gewann das 5000-m-Rennen in 7:03,53 Minuten knapp vor Kraus, die in 7:04,98 Minuten persönliche Bestleistung lief. Dritte wurde Stephanie Beckert (Erfurt/7:07,47). Pechstein gewann zum Abschluss auch das Massenstartrennen.
"Massive Umstellung"
Am Sonntag revanchierte sich Pechstein für die Niederlage und gewann das 5000-m-Rennen in 7:03,53 Minuten knapp vor Kraus, die in 7:04,98 Minuten persönliche Bestleistung lief. Dritte wurde Stephanie Beckert (Erfurt/7:07,47).
Der zweite Platz hat der Freude bei Kraus keinen Abbruch getan. "Ich bin mega-happy, dass ich mein Vorbild Claudia schlagen konnte. Das macht es besonders schön", sagte Kraus nach ihrem Coup, "das war ein sensationelles Rennen. Ich wusste nicht, was nach dem neuen Trainingsprogramm möglich war."
Zunächst hatte sie mit der neuen Intensität noch große Probleme gehabt. "Das war eine massive Umstellung. Die ersten drei Monate konnte mein Körper nicht mit den hohen Laktatwerten umgehen. Ich habe nächtelang nicht schlafen können. Erst seit August läuft es besser", sagte Kraus über ihre Fortschritte.
Patrick Beckert war derweil der dominierende Teilnehmer der DM. Der Erfurter gewann am Freitag über 5000 m, am Samstag über 1500 m und am Sonntag über 10.000 m. Vor allem nach dem Rennen über 1500 m, das für den Langstreckenspezialisten eigentlich etwas zu kurz ist, war Beckert mit seiner Siegerzeit von 1:47,25 Minuten hochzufrieden. "So schnell bin ich in Europa noch nie gelaufen. Ich sehe, dass das Training sehr gut ankommt", sagte der 26 Jahre alte Thüringer.