Das Aussperren der Gästefans durch den DFB scheint keine Wirkung zu zeigen. Das Spiel der Frankfurter Eintracht bei Union Berlin verdeutlichte, dass der DFB über andere Wege nachdenken muss. Denn beide Fangruppen arbeiteten Hand in Hand. Und der DFB reagierte umgehend.
Nach dem souveränen Sieg spazierte Heribert Bruchhagen über den Trainingsplatz des 1. FC Union Berlin hinter der Tribüne. Der Vorstandsvorsitzende von Eintracht Frankfurt wirkte entspannt, als er im Dunkeln mit der Familie telefonierte.
Für den Erstliga-Absteiger war es ein perfekter Abend: 4:0 in der Hauptstadt Tabellenplatz zwei gefestigt. Doch der sportliche Aspekt geriet fast ins Hintertreffen. Denn rund 1.000 Eintracht-Fans waren trotz Verbots durch das DFB-Sportgericht ins Stadion gelangt. Bruchhagens Konsequenz: Wir müssen bei den konventionellen Strafen umdenken.
Mitte der ersten Halbzeit waren mehrere Frankfurter Anhänger, die wegen Vorkommnissen im Spiel bei Fortuna Düsseldorf eigentlich ausgesperrt werden sollten, über den Zaun zum Gästebereich gestiegen. Als immer mehr Fans versuchten, dem Beispiel zu folgen, öffnete Union die Tore und ließ alle passieren. Das war sicherlich nicht rechtens. Aber es war sehr besonnen. Union hat großartig reagiert, sagte Bruchhagen.
Gemeinsame Aktionen beider Seiten
Die Partie am Montagabend zeigte aber auch: Die Generation Ultra macht sich nichts aus den Strafen durch Richter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Schon bei der Partie Eintracht Frankfurt gegen Dynamo Dresden hatten sich die Gästefans einem Verbot des Stadionbesuchs des DFB widersetzt.
Rund 400 Dresdener waren in Frankfurter Fanmontur ins Stadion gelangt und hatten ihren Verein lautstark unterstützt. Neu war diesmal, dass beide Fangruppen scheinbar zusammenarbeiteten. So kauften Union-Anhänger für die Hessen die Eintrittskarten. Gemeinsam wurden während des Spiels Schmähgesänge gegen den Verband angestimmt Plakate brachten zudem den Unmut über die Strafe zum Ausdruck.
Stadionverbot als Auszeichnung?
Wir haben es hier mit einer Jugendbewegung zu tun. Wenn einer in der 12. Klasse ein Stadionverbot bekommt, dann adelt ihn das in der Schule, meinte Bruchhagen. Wir können als Verein auch keine Gesinnungsüberprüfung bei unseren Fans vornehmen. Wir brauchen kluge Lösungen. Ich muss aber auch zugeben: Ich selbst habe sie auch nicht.
Und genau da liegt das Dilemma der Vereine und des DFB. Der Verband beriet hinter den Kulissen, wie zukünftig zu handeln sei. Ich mache dem DFB-Sportgericht keine Vorwürfe. Wir sollten jetzt alle ganz unaufgeregt darüber sprechen und neue Lösungsansätze finden, erklärte Bruchhagen.
Frankfurts Sportdirektor Bruno Hübner meinte: Man muss überlegen, ob das die richtigen Sanktionen sind. Kontrollen vor dem Stadion sind nicht möglich. Sein Chef ergänzte: Das war doch heute ein wirkliches Fußballfest friedlich mit einer tollen Atmosphäre. Man darf aber auch nicht vergessen, warum wir diese Strafe bekommen haben. Die Fans haben gesehen, es geht auch anders.
DFB reagiert
Der DFB reagierte einen tag später prompt. Künftig wird der Kontrollausschuss nicht mehr beim DFB-Sportgericht beantragen, dass Fans bei Auswärtsspielen ihrer Mannschaft ausgeschlossen werden. "Bei uns ist wahrgenommen worden, dass die ausgesprochene Sanktion ihren Zweck nicht erfüllt hat", sagte Rainer Koch, Vizepräsident für Rechts- und Satzungsfragen beim DFB. Er geht davon aus, dass das Sportgericht als unabhängiges Gremium diese Strafe auch nicht mehr nach Fanausschreitungen aussprechen wird.
Koch will die Verantwortung für künftige Urteile aber nicht nur der Sportgerichtsbarkeit überlassen und forderte den gesamten Fußball auf, darüber nachzudenken: "Wir wollen die Liga und die Clubs mitnehmen und die Zeit bis zum Saisonende nutzen, damit wir uns für die neue Saison aufgestellt haben." Kein Thema seien Punktabzüge. Der DFB wolle die Vereine zu maximalen Gegenmaßnahmen motivieren.