(Seite 2 von 3)
Vielfach Kritik hagelt es auch für die starke Gewichtung, die eine Verletzung in der Entscheidungsfindung ganz offensichtlich genießt. So kommentierte von Ameln vor einigen Wochen zwei Entscheidungen des Ausschusses in den Fällen Seidenberg (Mannheim) und Henry (Düsseldorf): "Das Foul von Seidenberg war vielleicht schlimmer, aber Henrys Gegenspieler hat sich schwerer verletzt. Am Ende gab es für Seidenbergs Vergehen zwei, für Henrys sechs Spiele Sperre. Mittlerweile ruderte von Ameln wieder zurück. "Eine Verletzung ist nur ein Faktor von vielen.
Eindruck von Willkür
Das sich angesichts solcher Umstände der Eindruck von Willkür durchsetzt, liegt auf der Hand. Zumal der Ausschuss den rechtstaatlichen Grundsatz "in dubio pro reo - im Zweifel für den Angeklagten - ganz offensichtlich gerne einmal außer Acht lässt, was der Fall von Tim Conboy zeigt.
Erst vor wenigen Tagen sprach das DEL-Schiedsgericht den Ingolstädter Verteidiger frei, nachdem der Disziplinarausschuss ihn zuvor für sechs Spiele aus dem Verkehr ziehen wollte. Neue Bilder hatten eindeutig belegt, dass beim Check des Kanadiers keine Attacke gegen den Kopf vorlag, was im Umkehrschluss aber auch bedeutet: Das ursprüngliche Urteil beruhte auf Bildern, die ein solches Vergehen unmöglich zweifelsfrei zeigen konnten. Einen ähnlichen Vorgang gab es schon einige Wochen zuvor, als Hannovers David Sulkovsky zunächst eine Fünf-Spiele-Sperre aufgebrummt bekam, das Schiedsgericht ihn dann aber komplett freisprach.
Die sich hier widerspiegelnde Einstellung des Disziplinarausschusses, im Zweifel gegen den Angeklagten, steht sinnbildlich auch für die Auffassung der Liga, wenn es um körperbetontes Eishockey geht. Nicht ohne Grund bemängeln viele Fans und Experten seit Jahren die zunehmende "Kastrierung ihres Sports, wenn es um krachende Checks und leidenschaftliches Körperspiel geht.
Früher gefeiert, heute bestraft
Die DEL hingegen macht die Profis zum Buhmann. "Einige Spieler haben noch nichts gelernt, sagt von Ameln und schwingt die Moralkeule. Dabei, und das wird in der Debatte um Kopfchecks gerne vergessen, waren diese vor einigen Jahren noch gar nicht verboten. "Früher hätten wir ihn zu einer solchen Aktion beglückwünscht, sagte zum Beispiel Trainer-Ikone Hans Zach, nachdem André Rankel im Vorjahr für einen Check mehrere Partien gesperrten wurde. Für Aktionen, die heute harte Strafen nach sich ziehen, sind die Spieler früher gefeiert worden.
Aber: Die zunehmende Zahl der zum Teil recht schweren Gehirnerschütterungen war in der Tat besorgniserregend und zwang zum Handeln. Ein Argument, das nicht vom Tisch zu wischen ist. Auch in der NHL, die mit dem gleichen Phänomen zu kämpfen hat, hat mit einer Verschärfung der Strafen reagiert. Allerdings - und das ist der große Unterschied zur hiesigen DEL - unter Würdigung der jeweiligen Umstände im Einzelfall. Was bedeutet, dass ein Check, der den Kopf des Gegners trifft, nicht automatisch eine Strafe nach sich zieht. Zum Beispiel dann nicht, wenn den Gegner ein Eigenverschulden trifft, weil er den Kopf zu tief hält oder sich im Moment des Zusammenpralls mit dem Kopf in den angreifenden Spieler hinein dreht.