Mit einem breiten Lächeln betrat Dunga in dunklem Anzug und knallroter Krawatte das Podium und demonstrierte bei seinem Comeback von der ersten Minute an: Die Version 2014 ist entspannter, aufgeschlossener, kommunikationsfreudiger als diejenige, für die es nach dem Viertelfinal-Aus bei der WM 2010 in Südafrika kein Klima mehr gab.
Mit Witz und Ironie entspannte der 50-Jährige bei seiner Vorstellung als neuer brasilianischer Nationaltrainer schnell die anfänglich beklemmende Atmosphäre, fühlte sich von keinem Fragesteller - wie einst - persönlich angegriffen und gab ungewohnt geduldig Auskunft. "Alles, was zu der Selecao gesagt wird und zur Verbesserung des Fußballs beiträgt, werde ich mir ohne Probleme anhören", verkündete Dunga.
Auch wenn er das Wort Erneuerung nicht in den Mund nahm, läuft seine zweite Amtszeit nach der Periode von 2006 bis 2010 auf genau darauf hinaus. "In meiner ersten Ära wollten sie, dass ich die Werte der brasilianischen Selecao wieder herstelle und Ergebnisse einfahre. Jetzt liegt das Hauptaugenmerk auf die Vorbereitung eines Teams auf die WM 2018", so der Nachfolger von Luiz Felipe Scolari.
Nach dem 1:7-Debakel im WM-Halbfinale gegen Deutschland und dem 0:3 im anschließenden Spiel um Platz drei gegen die Niederlande ist sich Dunga sicher: "Wir haben keinen Grund mehr zu denken, dass wir die Besten der Welt sind. Wir waren einmal die Besten." Der Neuanfang beginnt am 5. September mit der Neuauflage des WM-Viertelfinales gegen Kolumbien in Miami.
Abkehr vom kunstvollen Fußball
Der Umbruch soll sogar nach deutschem Kontinuitäts-Modell erfolgen. "Dort waren die Dinge immer organisiert, war alles immer geplant", bemerkte der ehemalige Stuttgarter Bundesligaprofi und ergänzte: "Sie hatten bei den letzten Turnieren nicht den ganz großen Erfolg, aber haben erkannt, dass der Weg weiter gegangen werden musste. Und so ist Deutschland verdient Weltmeister geworden."
Um Brasilien 2018 in Russland zum WM-Titel zu führen, müsse man auch den Begriff "futebol-arte" weiter fassen. "Es ist natürlich toll, vom kunstvollen Fußball zu sprechen. Aber der Torhüter, der eine Glanzparade macht, das ist auch Kunst. Oder der Verteidiger, der einen Angriff stoppt, das ist auch Kunst", belehrte der Weltmeister-Kapitän von 1994.
Selbst Miroslav Klose wurde als Beispiel herangezogen. "Wenn ein Trainer hier in Brasilien ihn nicht gebracht hätte, wäre sie ihm an die Gurgel gegangen", bemängelte einstige defensive Mittelfeldspieler, der die Deutschen lobte, dass sie die Ordnung über den persönlichen Rekord gestellt hätten und Klose nicht in jedem Spiel von Beginn an aufgelaufen sei.
Zweiter Trainer mit zweiter Chance
Dunga ist nach Kulttrainer Tele Santana erst der zweite Selecao-Coach, der nach einer verpatzten WM eine neue Chance erhält. Das zeigt, dass seine erste Amtszeit trotz des Viertelfinal-Aus bei der WM in Südafrika auch positive Resultate hervorgebracht hatte. Erster der südamerikanischen WM-Qualifikation, Triumphe bei der Copa America 2011 und dem Confed Cup 2013.
Damals stand ihm in Jorginho ein weiterer Weltmeister von 1994 als Assistent zur Seite. In der neuen Equipe stehen nur die Namen von Gilmar Rinaldo als Sportlicher Leiter aller Nationalmannschaften und Claudio Taffarel, noch ohne genauer definierte Funktion, fest. Beides ebenfalls Weltmeister in den USA. Hinzu kommt Junioren-Chefcoach Alexandre Gallo, der auch das Olympiateam 2016 führen soll.