Neuer Trainer, neue Hoffnung: Dagur Sigurdsson hat einen gelungenen Einstand als Bundestrainer gefeiert. Seine Handschrift ist schon jetzt unverkennbar.
Engagiert, erfrischend, erfolgreich: Die deutschen Handballer haben bei der Premiere von Bundestrainer Dagur Sigurdsson reichlich Werbung in eigener Sache betrieben. Die Handschrift des Isländers war beim gelungenen Debüt gegen die Schweiz unverkennbar. Knapp vier Monate vor der Weltmeisterschaft in Katar (15. Januar bis 1. Februar) keimt im zuletzt arg gebeutelten deutschen Handball die Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
"Das war ein guter Neubeginn", sagte Verbandspräsident Bernhard Bauer nach dem überzeugenden 32:26 (19:12) des neu formierten DHB-Teams gegen die international allerdings bestenfalls zweitklassigen Eidgenossen: "Für den ersten Auftritt war das schon sehr gut. Dagur hat die richtigen Entscheidungen getroffen und Ruhe reingebracht. Man sieht schon relativ schnell seine Handschrift."
Und auch Sigurdsson, der zum 1. September die Nachfolge des glücklosen Martin Heuberger angetreten hatte, zog zufrieden Bilanz. "Es war sehr wichtig, mit einem Erfolgserlebnis zu starten", sagte der 41-Jährige: "Ich habe keinen Zweifel daran, dass meine Mannschaft auch gegen internationale Top-Teams bestehen kann."
Tatsächlich zelebrierte die deutsche Rasselbande phasenweise mitreißenden Tempo-Handball. Von Anspannung oder gar Nervosität war nach den Rückschlägen der Vergangenheit nichts zu spüren - schon gar nicht bei Debütant Sigurdsson: "Das war relativ normal. Eine ähnliche Situation wie bei einem Bundesliga-Spiel."
Mit stoischer Ruhe und verschränkten Armen verfolgte Sigurdsson das Spiel seines Teams von der Seitenlinie und gab mit kurzen präzisen Angaben auffallend unaufgeregt Rhythmus und taktische Marschroute vor. "Man merkt den anderen Umgang mit den Spielern. Die Herangehensweise wirkt ein Stückchen erwachsener und selbstbestimmter", sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning.
Im Angriff überraschte Sigurdsson mit einem zusätzlichen Feldspieler, der in Unterzahlsituationen für Keeper Silvio Heinevetter eingewechselt wurde, oder mit einem zweiten Kreisläufer. In der Defensive wechselte er immer wieder zwischen 6:0- und offensiverer 5:1-Formation und brachte den Gegner so aus dem Konzept. "Für die kurze Zeit haben die Dinge schon sehr gut geklappt. Wir sind auf dem richtigen Weg", sagte Kapitän Uwe Gensheimer.
Mit Sigurdsson bricht im deutschen Handball eine neue Zeitrechnung an. So gehörte am Wochenende erstmals kein Weltmeister von 2007 zum DHB-Aufgebot. Statt Stars der Szene wie Holger Glandorf (Rücktritt), Dominik Klein und Michael Kraus (beide nicht berücksichtigt) liefen in Paul Drux (19/Füchse Berlin), Erik Schmidt (21/TSG Friesenheim), Julius Kühn (21/VfL Gummersbach) und Wolff (23/HSG Wetzlar) zahlreiche talentierte Nachwuchskräfte auf. Auch Philipp Müller (30/MT Melsungen) feierte sein Debüt im A-Team.
Sigurdsson, der bis Saisonende in Doppelfunktion auch weiterhin noch die Füchse Berlin betreuen wird, soll die deutsche Mannschaft nach den großen Enttäuschungen der vergangenen Jahre (verpasste Qualifikation für WM, EM und Olympia) wieder auf Kurs bringen. Erklärtes Ziel ist Olympia-Gold 2020. Schon beim WM-Turnier Anfang kommenden Jahres in Katar (11. bis 27. Januar) soll mindestens das Viertelfinale herausspringen. Das Spiel gegen die Schweiz war zumindest ein erster Schritt auf dem beschwerlichen Weg dorthin.