Dschungelcamp statt Bierparty: Die deutschen Handballer belohnten sich nach ihrem Zittersieg gegen Russland (27:26) mit ausgedehnten Massagen und einer Folge der schrägen Castingshow. "Das Bier hier in Katar ist einfach zu teuer", sagte Matchwinner Uwe Gensheimer mit einem Augenzwinkern. Kumpel und Zimmerkollege Patrick Goetzki bezeichnete das Reality-Format als "eine ganz gute Abwechslung" zum harten Turnieralltag: "Da gibt es einiges zu Lachen."
Am Montag galt die volle Konzentration dann aber wieder ganz dem Sport: Vor dem Topspiel gegen Vize-Weltmeister Dänemark präsentierte sich die Mannschaft von Bundestrainer Dagur Sigurdsson ungemein angriffslustig, der perfekte WM-Start (zwei Spiele, zwei Siege) und die überraschende Tabellenführung sorgten vor dem Duell gegen einen der großen Turnierfavoriten am Dienstag (19.00 Uhr) für eine breite Brust.
"Wir möchten die Sache mit voller Pulle angehen und Dänemark angreifen", sagte Sigurdsson und deklarierte die Partie kurzerhand zum "Spiel um den Gruppensieg. Wenn wir als Gruppenerster ins Achtelfinale einziehen wollen, müssen wir gewinnen." Ein Punkt aus den verbleibenden drei Vorrundenspielen fehlt der Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) noch, dann wäre ihr Minimalziel Achtelfinale bereits erreicht.
Dänemark ein machbarer Gegner
Dass die Skandinavier durchaus zu knacken sind, bewies Außenseiter Argentinien, der den Dänen im Auftaktspiel völlig überraschend ein Remis abgetrotzt hatte. "Das könnte bei ihnen noch im Hinterkopf sein", sagte Sigurdsson, gab seinen Spielern aber auch zu verstehen, dass es für eine weiteren Coup im Angriff deutlich "mehr Biss" brauche als in der schwachen ersten Halbzeit gegen Russland, als das deutsche Team zur Pause mit vier Toren zurückgelegen hatte.Beeindruckend war dann aber vor allem die Art und Weise, mit der sich die DHB-Auswahl aus der spielerischen Krise zog. Wild entschlossen kamen der überragende Kapitän Gensheimer (9 Treffer) und Co. aus der Kabine und drehten die Partie binnen fünf Minuten. "Die junge Mannschaft saugt eine solche Erfahrung auf wie ein Schwamm", sagte Routinier Michael Kraus. Dieser Sieg sei für das Team "Gold wert".
Für Coach Sigurdsson ist die Partie am Dienstag unterdessen etwas ganz besonderes, geht es doch gegen seinen Landsmann und Lehrmeister Gudmundur Gudmundsson. Unter dem ehemaligen Coach der Rhein-Neckar Löwen wirbelte er jahrelang als Spielmacher in der isländischen Nationalmannschaft. "Ich habe mir viele Sachen von ihm abgeguckt, sowohl taktisch als auch in der Spiel-Vorbereitung", sagte der 41-Jährige.
Gute Stimmung beim Verband
Es gehe allerdings nicht nur um Handball, wenn sich die beiden dieser Tage im Hotel, in dem beide Teams untergebracht sind, über den Weg laufen. "Wir sind beide Hobby-Angler. Da sprechen wir auch mal übers Fliegenfischen", sagte Sigurdsson und grinste.Gute Stimmung herrscht zurzeit auch beim Deutschen Handballbund (DHB). Die in der Heimat aufkommende Euphorie wird mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen. "Natürlich wecken wir als Ballsportart Nummer eins mit unseren Erfolgen gewisse Begehrlichkeiten in Deutschland", sagte Verbandsvize Bob Hanning, "wir dürfen jetzt aber nicht zu euphorisch sein".
Genauso dürfe man nicht zu deprimiert sein, wenn es zu Rückschlägen kommt. "Das Wichtigste ist doch der Weg, auf dem wir uns befinden", sagte Hanning. Und der ist zurzeit ein richtig guter.