Derby-Pleite, akuter Personalmangel, Abstiegsplatz: Viktor Skripnik war nach seiner ersten Pleite in der Bundesliga völlig bedient. "Defizite ohne Ende" habe sein Team, sagte der Neu-Trainer von Werder Bremen und brachte so die besorgniserregende Vorstellung ausgerechnet beim Erzrivalen Hamburger SV (0:2) auf den Punkt. Werder präsentierte sich vorne völlig harmlos, leistete sich in der Abwehr haarsträubende Fehler und spielte wie ein Absteiger.
Deshalb schlägt Skripnik auch Alarm und wünscht sich nach dem Absturz auf den vorletzten Tabellenplatz für die Rückrunde die nötigen Verstärkungen. "Ich habe noch keinen Trainer gesehen, der nicht mehr Qualität im Kader haben will", sagte der 45-Jährige, der nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Top-Torjäger Franco Di Santo besonders im Angriff den nötigen "Killerinstinkt" vermisst hat. Und weil sich dann Assani Lukimya vor dem ersten Gegentreffer durch Artjoms Rudnevs (84.) auch noch einen Patzer leistete und sich der angeschlagene Torwart Raphael Wolf (90.+3) den Ball selber ins Tor legte, lernte Skripnik als Nachfolger von Robin Dutt erstmals den bitteren Geschmack einer Profi-Niederlage kennen. "Das ist Enttäuschung pur, das ist nicht in Worte zu fassen", schimpfte Zlatko Junuzovic. Und Kapitän Clemens Fritz meinte im "NDR Sportclub": "Die Lage ist sehr bedrohlich."
Stimmung am Boden
Die Stimmung an der Weser ist nach einem Zwischenhoch mit zwei Bundesliga-Siegen wieder am Boden. Aber Sportchef Thomas Eichin versuchte die Fassung zu wahren - schließlich ist die sportliche Krise in der Hansestadt ja schon fast ein Dauerzustand. "Wir waren schon tief am Meeresgrund, vor diesen Pfützen haben wir keine Angst", sagte der Manager und machte Skripnik wenig Hoffnung, dass die Hanseaten in der Wintertransferperiode auf Shoppingtour gehen werden. "Wir arbeiten mit den Spielern, die da sind. Sie genießen unser Vertrauen." Für die nächste Partie am kommenden Samstag forderte Eichin eine Reaktion der Mannschaft: "Jetzt muss gegen Paderborn ein Dreier her."Die Talfahrt der vergangenen Jahre hat in Bremen Spuren hinterlassen - nicht nur sportlich. Am Montagabend musste Klub-Chef Klaus Filbry den Anhängern bei der Mitgliederversammlung schon wieder ein Millionen-Minus bekannt geben - zum dritten Mal in Folge. Im November 2012 waren es 13,9 Millionen, ein Jahr später 7,9 Millionen und in diesem Jahr beträgt der Fehlbetrag wieder rund acht Millionen.
Personallage immer angespannter
Es könnte also eine ganz unangenehme Woche werden für Werder. Schließlich wird die ohnehin schon angespannte Personallage für Skripnik vor der richtungweisenden Partie gegen den frechen Aufsteiger aus Paderborn immer enger. Di Santo (Außenbandverletzung im rechten Knie) wird weiter fehlen. Immerhin gaben Abwehrchef Sebastian Prödl (Hüftprobleme) und Keeper Wolf (Kapselverletzung im Knie) am Montag leichte Entwarnung. Beide hoffen, am Samstag spielen zu können.Und Fritz ist nach seiner Gelb-Roten Karte ebenso gesperrt wie Santiago Garcia (fünfte Gelbe Karte). "Das ist frustrierend", sagte Skripnik und fügte wenig schmeichelhaft hinzu: "Aber wir haben 24 vernünftige Spieler. Jetzt haben andere die Chance, sich zu zeigen." Aber wenn es schiefgeht, wird Skripnik wohl lauter nach neuem Personal rufen.