Es liest sich so wunderbar: "Wir sind eine verschworene Gemeinschaft." Nicht nur Philipp Petzschner beschwor nach dem Klassenerhalt den Teamgeist. Doch die Probleme im deutschen Herren-Tennis sind präsent und gehen tiefer. sportal.de fasst zusammen.
Die schlechte Stimmung, über die in den vergangenen Wochen und Monaten ziemlich offen berichtet wurde, soll in Zukunft weiteren Erfolgen im Davis Cup jedenfalls nicht im Weg stehen. Nach Cedrik-Marcel Stebes Sensationssieg gegen Leyton Hewitt, mit dem der 3:2-Sieg gegen Australien feststand, gaben alle Verantwortliche wie auf ein Stichwort ähnliche Kommentare ab.
"Das ist ein bisschen überinterpretiert worden", erzählte beispielsweise DTB-Präsident Karl-Georg Altenburg und unterstrich die tolle Atmosphäre in den Tagen von Hamburg: "Das sind keine Worthülsen. Ich habe den Teamgeist bis in die Kabine gespürt. Auch wenn das nicht geklappt hätte: Es war ein Fakt, dass sie sich zusammengerissen und gekämpft haben." Petzschner ergänzte: ""Da was reinzudichten, finde ich respektlos." Und auch Teamchef Patrik Kühnen will nur noch Teamplayer einsetzen. "Das wird auch in Zukunft mein Maßstab sein", sagte Kühnen.
Dabei hatte Altenburg selbst für die nächsten Misstöne gesorgt, als er die Idee verbreitet hatte, nur noch Olympia-Teilnehmer für den Davis Cup zu nominieren. Wie dann ein Team zustande kommen soll, bleibt wohl Altenburgs Geheimnis, der wegen seiner Olympia-Absage ohnehin in der Kritik stehende Florian Mayer reagierte dementsprechend pikiert. Noch viel mehr als Stebe war es dann aber Mayer, der mit zwei glatten Erfolgen gegen Hewitt und Bernard Tomic den Grundstein zum Klassenerhalt legte. Doch die Probleme im deutschen Herren-Tennis lassen eine wirkliche Trendwende - nicht nur im Davis Cup - in den nächsten Jahren sehr unwahrscheinlich erscheinen:
Teamgeist? Es muss ein Neustart her
Mit Philipp Kohlschreiber (18), Tommy Haas (21) und Mayer (25) steht der DTB so gut wie schon lange nicht mehr in der Weltrangliste da. Doch Kohlschreiber kann nicht mit Haas, der steht auf der Zielgerade seiner Karriere und wurde im Laufe der Saison von Kühnen gecoacht, auch deshalb wurde der Teamchef von Kohlschreiber, Mayer und Petzschner vor dem World Team Cup ausgebootet und so stand vor dem Australien-Spiel besonders im Fokus, ob die nicht nominierten Kohlschreiber und Haas sich nun per SMS gemeldet hatten oder nicht.
Wenn dann noch die alten Herren Boris Becker und Michael Stich ständig über die Medien Ratschläge geben, ist über den Zustand des Herren-Tennis viel gesagt. Möglicherweise wäre ein Abstieg aus der Weltgruppe sogar die beste Nachricht gewesen, ein Neuanfang ohne Kohlschreiber und Haas wäre dann einfacher gewesen. So werden die sportlich außer Frage stehenden Routiniers in der ersten Davis Cup-Runde 2013 wieder über dem Team schweben.
Die Rangliste verschleiert ein Qualitätsproblem
Mit einem flüchtigen Blick auf die Weltrangliste könnte man meinen, die deutschen Herren könnten dauerhaft um Turniersiege spielen. Aber schon die Altersstruktur legt Realismus nahe. Haas (35) spielt vielleicht noch ein Jahr, bei Kohlschreiber und Mayer (beide 28) sieht es noch etwas langfristiger aus.